Bilike, ein mongolischer Junge, findet beim Spielen einen Tischtennisball, weiß aber nicht, was er da wirklich in Händen hält. Das Ding ist weiß, rund, extrem leicht und offenbar ohne Inhalt. Die Großmutter erzählt ihm, es handle sich um eine Perle, die vom Himmel gefallen sei und in der Nacht zu glühen anfange. Zusammen mit seinen Freunden wartet Bilike in der folgenden Nacht vergeblich auf das große Ereignis. Bei einer Filmvorführung im Ort sehen sie später einen Golfball auf der Leinwand und kommen dem Geheimnis des Balls damit schon ein großes Stück näher. Und dann gibt es die Übertragung eines Tischtennisspiels im Fernsehen, allerdings bricht das Bild zusammen und die Kinder hören nur den Kommentator, der erklärt, bei dem Tischtennisball handele es sich um den Nationalball Chinas. Daraufhin beschließen die Jungen, sich auf den Weg nach Peking zu machen, um der Nation ihren Ball zurückzugeben.
In seinem bezaubernden zweiten Spielfilm gibt der junge chinesische Filmemacher Ning Hao ganz aus der kindlich unschuldigen Perspektive seiner kleinen Helden nicht nur fast ethnografisch wirkende Einblicke in das Alltagsleben der mongolischen Nomaden inmitten einer eindrucksvollen Landschaftskulisse. Mehr noch zeigt er, was kindliches Spiel und Fantasie vermögen und wie sich aus einem im Westen bekannten und gebräuchlichen Industrieprodukt die wundersamsten Vorstellungen und Interpretationsmöglichkeiten ergeben, die über die gesamte Dauer des Films hinweg faszinieren und amüsieren. Obwohl ausschließlich Kinder und ihre Sicht der Dinge im Mittelpunkt stehen und der erstmals auf der Berlinale 2005 im Forum präsentierte Film danach auf dem Frankfurter Kinderfilmfestival Lucas ausgezeichnet wurde, richtet sich der für jüngere Zuschauende eindeutig zu lange Film mehr noch an ein erwachsenes Publikum, das bereit ist, sich auf die schönen Bilder, den ruhigen Erzählfluss und die vielen Halbtotalen und Totalen einzulassen.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2005