Gott, Familie, Vaterland – das sind die Werte im Leben von Claude und Marie, einem gut situierten Ehepaar aus der französischen Provinz. Dass sie dennoch liberal und weltoffen sind, versteht sich für die Verneuils von selbst. Allerdings endet ihre Toleranz, als drei ihrer vier in Paris lebenden Töchter vor den Traualtar treten: Die eine heiratet einen Muslim, die andere einen Juden und die dritte hat sich in einen Chinesen verliebt. Nur mit Mühe verkraftet Claude, dass sein Enkel Mahmoud heißt und statt Cassoulet koscheres Dim Sum serviert wird. Sein Selbstbild – „Ich bin Gaullist, aber kein Rassist!“ – zerbröckelt zusehends. Jedes Familientreffen endet im Streit, bei dem nicht nur Claude seine Vorurteile abfeuert, sondern auch die drei Schwiegersöhne ob ihrer kulturellen Unterschiede aneinander geraten. Als ihre jüngste Tochter ihre Vermählung mit dem Katholiken Charles ankündigt, scheint ihr sehnlichster Wunsch endlich erfüllt. Was Claude und Marie nicht wissen: Charles stammt von der Elfenbeinküste.
Schwierige Themen wie Diskriminierung und Integration sind in der temporeichen Culture-Clash-Komödie leicht verpackt. Die Vorurteile gegenüber Juden, Arabern, Chinesen und Andersgläubigen im Allgemeinen werden hier mit viel Wortwitz und ohne Rücksicht auf political correctness ausgesprochen. Mit der Ankunft der ivorischen Familie kommt eine weitere Perspektive hinzu, nämlich die der Afrikaner/innen auf das weiße Europa und die ehemaligen Kolonialmächte. Dabei sind im Film die Protagonisten durchweg stereotypisch zugespitzt, ohne dabei gänzlich an Glaubwürdigkeit und Realitätsbezug zu verlieren. Während die Verneuils in ihren Schwiegersöhnen anfangs nur die fremden Einwanderer sehen, verstehen sich diese längst ganz und gar als Franzosen. Dass am Ende Versöhnung und Akzeptanz stehen, ist schon in der Wahl des Genres begründet, wird aber spätestens dann absehbar, wenn sich Claude und Charles’ Vater gemeinsam mit Calvados betrinken.
Wenngleich Philippe de Chauveron die Reibungen innerhalb einer multikulturellen Gesellschaft auf die Spitze treibt, regt sein Film dazu an, den Blick auf das eigene Land zu richten und zu hinterfragen, wie in Deutschland das Zusammenleben verschiedener Kulturen funktioniert und wie – weiterführend – Vorurteile entstehen. Dabei können die Schüler/innen eigene Erfahrungen mit einbringen oder Interviews mit Menschen verschiedener Herkunft zum Thema Integration führen. In höheren Klassenstufen kann analysiert werden, inwiefern konservative Werte der bürgerlichen Mitte – im Film vom Ehepaar Verneuil vertreten – von rechten Parteien aufgegriffen werden. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Europawahl 2014, bei der in Frankreich die rechtspopulistische Front National als Wahlsieger hervorging. In Bezug auf das Filmgenre kann in allen Klassenstufen diskutiert werden, ob Komödien geeignet sind, um ernste Themen wie Rassismus anzusprechen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Kirsten Taylor, 24.07.2014, Vision Kino 2014.
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