Mitte des 19. Jahrhunderts wächst der junge Oliver Twist im Waisenhaus eines ländlich geprägten Ortes in Großbritannien auf. Die für den Unterhalt zuständige Gemeinde sieht die Kinder ausschließlich als finanzielle Last, gewährt ihnen keinerlei Wärme oder gar Geborgenheit. Als Oliver durch Los dazu bestimmt wird, sich über die völlig unzureichenden Essensportionen zu beschweren, möchte die Gemeinde den jungen Rebellen loswerden und an einen Totengräber verkaufen. Oliver aber gelingt die Flucht nach London, wo er in die Fänge eines berüchtigten Gauners gerät, der Kinder für sich als Taschendiebe arbeiten lässt. Auch Oliver wird dafür ausgebildet. Dank eines missglückten Diebstahls wird ein reicher Herr auf ihn aufmerksam und möchte sogar für den Jungen sorgen. Die Gaunerbande jedoch lässt dies nicht zu, kidnappt Oliver und zwingt ihn zu einem Einbruch. Da Oliver erkannt wurde, möchte der Anführer ihn als potenziellen Belastungszeugen beseitigen. – Roman Polanskis Verfilmung des Klassikers von Charles Dickens hält sich inhaltlich zwar nicht exakt an die bekannte Vorlage, versucht aber mit beträchtlichem finanziellen Aufwand, die damalige Zeit in Kostümen und detailversessener Ausstattung möglichst originalgetreu wieder aufleben zu lassen. Seine düstere Atmosphäre und der realistische Inszenierungsstil machen den Film nur bedingt für Kinder geeignet. Die Figur des Oliver wurde allerdings sehr glaubwürdig besetzt und lädt zur positiven Identifikation ein. Dem erwachsenen Zielpublikum wiederum dürfte die Charakterisierung von Gut und Böse mitunter etwas zu klischeehaft geraten sein, und weshalb Oliver so unbeirrbar gut bleibt, wird erst recht nicht deutlich und führt zu keinerlei Erkenntnisgewinn.
Autor/in: Holger Twele, 01.12.2005