Abertausende von Fotos seiner Kunden hat Sy, der Leiter eines Fotolabors in einem großen Supermarkt, bereits durch seine Finger gehen lassen und dabei unzählige auf Papier gebannte Familienereignisse mitbekommen, die er sich zuhause heimlich an die Wand hängt. Über einige seiner Kunden weiß er inzwischen so gut Bescheid, dass er sich fast schon als deren Verwandter sieht. Persönlich jedoch hat Sy keine Freunde, keine Familie, ist kontaktscheu, fühlt sich zu kurz gekommen und furchtbar einsam. Ganz langsam beginnt er sich in das Leben seiner Lieblingskundin einzuschleichen, die er wegen ihrer intakten Familiensituation bewundert. Als er durch Fotos einer anderen Kundin jedoch von einem Seitensprung des Mannes erfährt, möchte er für das verratene und selbst nie erlebte Glück Rache üben. – Allein Robin Williams in der eher untypischen Rolle eines schweigsamen, wenig humorvollen, verschlossen wirkenden, älteren Mannes ist schon den Besuch dieses seltsamen Psychothrillers wert, der geschickt mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer spielt und das Psychogramm eines so liebenswerten wie gefährlichen Psychopathen zeichnet. Ein intelligent gemachter Film, der das Genre als Folie nutzt für eine Geschichte über die Entfremdung des Menschen und die Funktionalisierung seiner Gefühle. Damit verknüpft sind Reflexionen über den allgemeinen Umgang mit Bilddokumenten in unserer Gesellschaft und den besonderen Stellenwert privater Fotos als scheinbarem Beweis persönlichen Glücks.
Autor/in: Holger Twele, 01.01.2003