Über dreißig Jahre führte die 2009 verstorbene Choreografin Pina Bausch die Balletsparte der Wuppertaler Bühnen und machte die nach ihr benannte Kompagnie zu einem weltweit bewunderten Fixstern der Tanzszene. Wim Wenders dokumentiert in seinem
3D-Film eigens neu einstudierte Auszüge aus vier klassischen Choreografien von Bausch (
Le Sacre du Printemps, Kontakthof, Café Müller, Vollmond), greift spärlich auf historische Aufnahmen zurück und befragt die Mitglieder der Kompagnie nach ihrem Verhältnis zur Leiterin.
Ursprünglich wollte Wim Wenders lediglich erproben, ob sich mit der neuen
3D-Technik ein im Vergleich zur "zweidimensionalen" Filmtechnik lebendigerer Eindruck von Pina Bauschs Choreografien erzielen lässt. Dazu zeichnet er das Bühnengeschehen bevorzugt aus der
Totalen auf und erreicht dadurch tatsächlich eine ungewohnt plastische räumliche Darstellung. Im zweiten Teil nimmt sein
Dokumentarfilm immer deutlicher die Züge einer Hommage an: Die Tänzer/innen drücken ihre Trauer mit Worten, Gesten und Bewegungen aus, wobei Wenders die Soli und Duette von der Bühne auf die Straßen Wuppertals und des benachbarten Ruhrgebiets versetzt. So zeigt er, dass Bauschs Tanztheater ein Teil der Stadt und überdies ein verdichteter Teil des alltäglichen Lebens ist.
Wim Wenders blendet biografische Fragen wie auch die alltägliche Probenarbeit weitgehend aus und pflegt den Mythos der aus unergründlichen Tiefen schöpfenden Pina Bausch. Es bietet sich daher an, seine Hommage mit klassischen Tanz-
Dokumentarfilmen zu vergleichen. Besonders gut sind dafür Klaus Wildenhahns
Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal? (BRD 1983),
Tanzträume – Jugendliche tanzen Kontakthof von Pina Bausch (Anne Linsel, Deutschland 2010) und Frederick Wisemans
La Danse (Frankreich, USA 2010) über das Ballet der Pariser Oper geeignet. Alle Filmemacher/innen werfen einen Blick hinter die Kulissen, wobei Wisemans Interesse weniger einem einzelnen "Star" als der Institution Oper als solcher gilt. In diesem Zusammenhang ließen sich auch die Vor- und Nachteile der
3D-Technik bei der Dokumentation von Tanzaufführungen diskutieren.
Autor/in: Michael Kohler, 21.02.2011
Mehr zum Thema auf kinofenster.de:
Weitere Texte finden Sie mit unserer Suchfunktion.