Als der 16-jährige Paul bei seinen Verwandten aufkreuzt, um Abstand vom Freitod seines Vaters zu gewinnen, bringt er in der Familie seines Onkels eine emotionale Lawine ins Rollen, die das bürgerliche Familiengefüge durcheinander bringt. Seine attraktive Tante spielt ihn gegen ihren gleichaltrigen Sohn Robert aus, der sich unter ihrer ehrgeizigen Anleitung auf die Aufnahmeprüfung zur Musikschule vorbereitet und heimlich trinkt. Während einer Dienstreise des Vaters spitzt sich die Situation zu. Robert fühlt sich mehr und mehr benachteiligt und lässt die Musikprüfung platzen. Zwischen Paul und seiner Tante kommt es zu einer einmaligen Affäre, die von seinem Cousin zufällig entdeckt wird und für alle Mitglieder der Familie Folgen hat.
Subtil zeichnet Matthias Luthardt die Suche nach Nähe und Anerkennung, die Verlorenheit junger Menschen, die sich hier mit Ablehnung, mangelndem Verständnis und Instrumentalisierung für die Zwecke der Erwachsenen auseinander setzen müssen. In dieser konfliktbeladenen Situation stehen die beiden jungen Männer, die sich nicht mehr gängeln lassen wollen, sich zugleich aber nach einem Menschen sehnen, der sie in ihrer Unsicherheit auffängt, den oftmals überforderten Erwachsenen gegenüber. Roberts Eltern, der in Erziehungssachen gleichgültige Vater, die manipulative Mutter und nicht zuletzt Pauls Vater, der sich dem Leben entzogen hat, sowie seine Mutter, die ihrem Sohn weder Trost noch Stütze sein kann. Aus der Perspektive von Paul erzählt, öffnet
Pingpong einen distanzierten und zugleich scharfen Blick auf die Pathologie einer Mittelstandsfamilie: gegenseitige Gleichgültigkeit, übersteigerte Liebe von Pauls Tante zu ihrem Hund, vordergründige Harmonie als Mittel, Kommunikationslosigkeit zu übertünchen. Abgenutzte Alltagsrituale dienen als Familienkitt. Die beiden Hauptdarsteller geben sich spröde und cool; sie schützen die verletzte Seele mit Unsentimentalität und können gerade dadurch für ein jugendliches Publikum als Identifikationsfiguren dienen.
Autor/in: Margret Köhler, 07.11.2006