Lukas ist 20 Jahre alt und steckt mitten in seiner zweiten Pubertät: Er wurde als Mädchen geboren, eine ihm fremd und unerwünscht gebliebene Identität. Seit geraumer Zeit versucht er, mit Hormontherapien und exzessivem Muskeltraining sein männliches Körperideal zu erreichen; bald soll die Geschlechts-OP (die operative Entfernung von Eierstöcken und Brüsten) folgen. Immer wieder stößt Lukas in seinem persönlichen Umfeld auf Vorurteile: Als er in Köln seinen Zivildienst antritt, wird er in einem Schwesternwohnheim untergebracht, da die offizielle Namensänderung noch aussteht. Zum Glück wohnt dort auch seine lesbische Freundin Ine, die ihn in das Kölner Nachtleben einführt. Doch als sich Lukas in den Macho Fabio verliebt, beginnen weitere Probleme.
Lukas beobachtet akribisch das Hineinwachsen in seinen neuen Körper. Zahlreiche
Großaufnahmen dokumentieren, wie sich sein Aussehen verändert: die Muskelmasse wächst, Bart und weitere Körperbehaarung sprießen. Ernsthaft und zugleich unterhaltsam porträtiert
Romeos den Entwicklungsprozess seines Protagonisten. Geschickt montiert, zeigt der Film zudem ein klischeefreies Bild der schwul-lesbischen Szene Kölns sowie die aufregende Suche nach einem/r (Sexual-)Partner/in. Eine bewegte
Handkamera, untermalt von einem dynamischen
Soundtrack, vermittelt das energiegeladene Lebensgefühl der durch Natürlichkeit bestechenden Akteure/innen. In die Handlung integrierte Recherchen am Computer sowie Chats mit anderen Transsexuellen erhellen, welchen körperlichen und psychischen Prozessen Lukas ausgesetzt ist. Auch Gewalt und Diskriminierung gegen Transsexuelle kommen überwiegend auf dieser Ebene zur Sprache.
Was geschieht in einem Menschen, der sich fremd im eigenen Körper fühlt?
Romeos zeigt die emotionale Zerrissenheit eines Transsexuellen und bietet mit seiner sympathischen Hauptfigur gute Möglichkeiten, um Jugendliche für das noch immer weitgehend tabuisierte Thema zu interessieren. Der Film hinterfragt gesellschaftliche Vorbehalte gegen Homosexuelle und Transgender, erzählt über die spezielle Transgender-Problematik hinaus jedoch zugleich eine universelle
Coming-of-Age-Geschichte: Lukas' Bedürfnis nach Anerkennung, Nähe und Liebe, sein Wunsch, den eigenen Platz im Leben zu finden, bieten eine gute Diskussionsgrundlage, um mit Jugendlichen über Herausforderungen und Chancen ihrer eigene Identitätsfindung zu sprechen.
Autor/in: Cristina Moles Kaupp, 11.10.2011
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