Starbuck heißt der Steuermann des Schiffes aus Melvilles Roman "Moby Dick". Starbuck war auch der Deckname des einstigen Studenten an der Berliner Filmhochschule und späteren RAF-Mitgliedes Holger Meins, der 1974 in Untersuchungshaft im Hungerstreik mit 33 Jahren starb. Der Filmemacher und Freund Gerd Conradt begibt sich auf Spurensuche nach diesem Steuermann der "Baader-Meinhof-Gruppe", nähert sich dem Menschen Holger Meins und fragt nach seiner damaligen Bedeutung für den radikalen Widerstand und seinem Vermächtnis. An den Pfadfinder, Künstler, Filmemacher und Guerillero Meins erinnern sich u. a. Gretchen Dutschke, Harun Farocki, Thomas Giefer, Wolfgang Petersen, Peter Lilienthal, Michael Ballhaus und Margrit Schiller. – Der Weg in den Untergrund und in den Tod war konsequent, aber er hätte für Holger Meins dennoch ganz anders verlaufen, dieser möglicherweise heute ein anerkannter Filmemacher und Künstler sein können. Diesen Eindruck jedenfalls hinterlässt Gerd Conradts Dokumentarfilm, mit dem er seinem einstigen Freund und Weggefährten Holger Meins ein sehr subjektives und durchweg positiv gefärbtes Denkmal setzt und mit Hilfe von weiteren Zeitzeugen in Erinnerung ruft, dass die damalige Linke zunächst durchaus berechtigte Kritik an der Gesellschaft ausübte, bevor sich Teile radikalisierten und die Ereignisse auf tragische Weise eskalierten. Der jüngeren Generation mag mitunter das entsprechende Hintergrundwissen fehlen, das Conradt in seiner Insidersicht voraussetzt, aber als Ergänzung zu anderen "RAF-Filmen" der letzten Monate ist sein Film ein wichtiger Beitrag zu einem differenzierteren Geschichtsbild.
Autor/in: Holger Twele, 01.05.2002