Im Jahr 2010 sorgen geheime Militär- und Diplomatendokumente, die plötzlich auf der Website Wikileaks veröffentlicht werden, weltweit für Aufsehen. Kurze Zeit später wird der Urheber des Datenlecks enttarnt: Der im Irak stationierte 22-jährige Soldat Bradley Manning hat seine Geheimhaltungspflicht verletzt – weil er "besorgt war" und die "Wahrheit" ans Licht bringen wollte. Für Julian Assange, den Kopf hinter Wikileaks, sind die enthüllten Daten ein Glücksfall. Auf einmal stehen sowohl er selbst als auch seine Organisation im Mittelpunkt des Medieninteresses. Bald aber wendet sich das Blatt. Nachdem in Schweden Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange erhoben werden, flüchtet er schließlich nach London in die Botschaft von Ecuador, um einer Verhaftung zu entgehen.
In seinem Dokumentarfilm spürt Alex Gibney dem Einfluss der Enthüllungsplattform Wikileaks, den Reaktionen auf die Veröffentlichungen sowie der Motivation der so genannten "Whistleblower" nach, die die geheimen Daten zugänglich gemacht haben. Dabei stellt er zwei höchst gegensätzliche Personen in den Mittelpunkt: Der schüchterne Soldat Bradley Manning vertraut sich in einem Chat einem anonymen Hacker an und wird von diesem später verraten. Der medienaffine Selbstdarsteller Julian Assange wiederum genießt es, im Blitzlicht zu stehen und nimmt es selbst nicht so genau mit der Wahrheit. Obwohl sich Gibney nur auf bestehende Interviews und Aussagen Dritter stützen kann, entsteht dennoch ein komplexes Bild der Affäre, das durch die oft kontrastive
Montage von Archivmaterial und die
Musikuntermalung spannend wirkt, an einen Politthriller erinnert und zudem hochaktuell ist.
"Because I care" lautet die Begründung von Bradley Manning, brisante Daten weiterzugeben. So kann der Dokumentarfilm Schülerinnen und Schüler vor allem dazu anregen, sich mit dem Spannungsfeld von Verantwortung und Gewissen, öffentlichem Interesse, Meinungsfreiheit und Profilierungssucht auseinanderzusetzen, in dem sich auch die Protagonisten bewegen. Gerade deren unterschiedliche Persönlichkeiten und Motive können dabei zu einer differenzierten Sichtweise beitragen. Auch die politische und gesellschaftliche Relevanz einer solchen Veröffentlichungsplattform kann angesprochen werden. Nicht zuletzt laden auch die von Regisseur Alex Gibney gesetzten Schwerpunkte zur kritischen Diskussion ein: Spielen die sexuellen Themen – die detailliert ausgebreiteten Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange sowie die Transsexualität von Manning – wirklich eine so große Rolle oder tragen sie vielmehr dazu bei, von der politischen Debatte abzulenken?
Autor/in: Stefan Stiletto, 02.07.2013
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