Eine taiwanesische Familie steckt in einer tiefen Krise. Die Großmutter fällt auf einer Hochzeit ins Koma, ihrer Tochter fällt zu Hause die Decke auf den Kopf, ihr Schwiegersohn leidet unter beruflichen Schwierigkeiten, die Enkeltochter erlebt ihre erste unglückliche Liebe. Alle sind auf der Suche nach einem neuen Anfang, müssen aber erkennen, dass ihre Alternativen auch nicht viel rosiger sind. – Yi Yi ist ein sensibler Film über das Leben und alltägliche Katastrophen. Brillant verknüpft Edward Yang die einzelnen Schicksale, deren primärer Zusammenhalt die Familie ist. Er zeigt, wie jeder zwangsläufig für sich allein kämpft, aber letztlich doch alle in einem Boot sitzen. Der Film ist heiter und traurig zugleich, wie das Leben selbst. Tröstliche Weisheiten und Situationskomik lockern die tragischen Momente auf. Dabei öffnet der chinesische Regisseur elegant den Blick dafür, was die Menschen nicht sehen können: zum Beispiel ihre Hinterköpfe, die der Jüngste fotografiert. Auf diese Weise ist das meisterlich inszenierte dreistündige Porträt zugleich eine Parabel auf die Blindheit der Menschen.
Autor/in: Kirsten Liese, 01.06.2001