Schon lange hat sich die 17-jährige Jeanne damit arrangiert, dass ihr Vater im Sommerurlaub meist eigene Träume, wie das Entdecken eines alten Wikingerschatzes, verfolgt und die Interessen seiner Tochter nicht wirklich kennt. Durch einen Buchungsfehler müssen sich Jeanne und ihr Vater das Ferienhaus in Schweden mit der Hausbesitzerin Annika und deren Freundin Christine teilen. Was zunächst auf Befremden stößt, rettet bald den Urlaub. Nach einer Verletzung ihres Vaters, die ihn an das Haus bindet, orientiert sich Jeanne nicht nur an der lebenslustigen älteren Christine und genießt die unbekannte Freiheit, sondern entdeckt auch ihre Zuneigung zu dem gleichaltrigen Schweden Johan.
Die Bilder in Anna Novions ruhig erzähltem
Coming-of-Age-Film atmen die Stimmung einer Lebensphase, in der die Zeit stillzustehen scheint, sich die Beziehung zu den Eltern verändert und die Zukunft erst noch gestaltet werden will. Vor allem Jeanne, die im Mittelpunkt des Films steht, reflektiert diese Gefühlslage auf unaufdringliche Weise. In verspielten Selbstgesprächen flirtet sie mit imaginären Jungen oder inszeniert vor dem Spiegel ihren Körper. Ihre Begegnungen mit Johan und einem seiner Freunde sind geprägt von Neugier und gleichzeitiger Ablehnung.
Geschickt überträgt die Regisseurin die Unsicherheit des Jugendalters und die Suche nach den eigenen Zielen zudem auf die Erwachsenen. Schnell wird deutlich, dass auch deren Leben alles andere als geregelt sind und auch sie noch nicht gelernt haben, die eigenen Wünsche zu verwirklichen und dabei die Unabhängigkeit der anderen zu respektieren. Die karge Landschaft und die einsamen Buchten der schwedischen Ostseeküste, die oft in eindrucksvollen
Totalen gezeigt werden und in kühl wirkende
Farben getaucht sind, liefern die passenden Sehnsuchtsbilder. Sie verweisen symbolisch auf das Innenleben der vier Hauptfiguren und strahlen Ruhe aus, während insbesondere Jeanne oft schweigend in
Nahaufnahmen beobachtet wird. Diese persönliche Nähe zu den Protagonisten/innen, untermalt von melancholischer
Musik, lässt Zeit zum Beobachten und bietet dank ihrer inhaltlichen Offenheit gute Anknüpfungspunkte, um beispielsweise in Ethik oder Religion über die Auseinandersetzung mit Lebenszielen zu sprechen, über Umbruchsituationen im Jugendalter (und in späteren Lebensphasen) sowie die Notwendigkeit, durch Konflikte und Abgrenzungen eine eigene Identität zu entwickeln.
Autor/in: Stefan Stiletto, 06.05.2009
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