Polen, 1941. Während die jüdische Bevölkerung unter den Repressalien der deutschen Besatzer leidet, etabliert sich Oskar Schindler, ein Lebemann mit NSDAP-Parteibuch, in Krakau als Geschäftsmann. Mit Unterstützung lokaler NS-Größen erwirbt er eine Fabrik, in der er jüdische Arbeitskräfte für wenig Geld beschäftigt. Überhaupt arbeitet er gerne mit Juden zusammen, wenn es dem Geschäft dient: So vertraut er Itzhak Stern, einem Mitglied des "Judenrats", heimlich die Leitung seiner Fabrik an. Stern nutzt dies, um Alte, Versehrte und Kinder aus dem Ghetto anzustellen und sie so vor der Deportation zu bewahren. Schindler lässt ihn gewähren, erst widerwillig, zunehmend aber aus Mitgefühl. Als er die Mordtaten der SS bei der Räumung des Ghettos beobachtet und seine Arbeiter ins KZ Plaszow gebracht werden, entschließt er sich zu handeln. Indem er das Vertrauen des sadistischen Lagerkommandanten Amon Göth gewinnt, gelingt es Schindler tatsächlich, "seine" Juden zu schützen. Als dann jedoch das KZ aufgelöst wird, droht den jüdischen Arbeitern und Arbeiterinnen der Transport nach Auschwitz und Schindler setzt sein gesamtes Vermögen ein, um ihr Leben zu retten.
Kein anderer Film über den Holocaust hat ein größeres Publikum erreicht als Steven Spielbergs
Schindlers Liste, der vor 25 Jahren in die Kinos kam. Schon im Vorfeld erregte das auf einem
Tatsachenroman beruhende Projekt Aufsehen. Einerseits, weil es bis dato in Hollywood kaum denkbar schien, einen NS-Parteigänger als Helden zu zeigen, was später, unter anderem von dem ungarischen Auschwitz-Überlebenden und Schriftsteller Imre Kertész, stark kritisiert wurde. Vor allem aber, weil sich ausgerechnet der führende Exponent des
Blockbuster-Kinos eines so ernsten Themas annahm. Tatsächlich verzichtete Spielberg bei
Schindlers Liste auf spektakuläre
Effekte und entschied sich für eine vordergründig zurückhaltende, letztlich aber doch stark emotionalisierende
Inszenierung, die für das
Kriegsfilmgenre stilbildend wirkte. Fast vollständig in
Schwarz-Weiß und zu großen Teilen mit Handkamera und an
Originalschauplätzen gefilmt, ist der Film in vielen
Sequenzen durch eine dokumentarisch wirkende Ästhetik geprägt, die Authentizität suggeriert. Darauf aufbauend nutzte Spielberg bewährte Techniken des
Spannungskinos, etwa musikalische Untermalung, um die Gefühle der Zuschauenden zu lenken und zu verstärken, so dass der Film eine ungeheure Dramatik entfaltet. Bei allem Zuspruch wurde Spielbergs Films deshalb auch als manipulativ kritisiert.
Im schulischen Kontext kann mit
Schindlers Liste eine Diskussion über die Darstellbarkeit des Holocaust anregen, die die filmische Form aus ethischer Perspektive problematisiert. Die
Szene, in der die Kamera jüdischen Frauen und Kindern in Auschwitz in die – vermeintliche – Gaskammer folgt, kann hier als Ausgangspunkt dienen. Um den manipulativen Einsatz filmischer Mittel tiefer gehend zu verdeutlichen, bietet sich etwa eine vergleichende Analyse von Schindler und Göth an, die visuell als Gegenpart inszeniert sind. Besonders gut lässt sich die Emotionalisierung der Zuschauenden in
Schindlers Liste anhand der
Filmmusik darstellen, die nach dem Prinzip der Zuspitzung im Verlauf der Handlung zunehmend an Gewicht gewinnt. Um die Frage zu diskutieren, wie im Kino des Holocausts erinnert werden kann und sollte – gerade auch in Hinblick auf den absehbaren Tod der letzten Zeitzeugen und -zeuginnen –, könnten Spielbergs Film andere filmische Herangehensweisen, etwa Claude Lanzmanns Dokumentation
Shoah (1985) oder Roberto Benignis
Das Leben ist schön (1997), gegenübergestellt werden.
Autor/in: Jörn Hetebrügge, 25.01.2019
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