Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet den dokumentarischen Spielfilm
Die Unsichtbaren von Claus Räfle mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus. Im Oktober 1941 beginnt das NS-Regime, die jüdische Bevölkerung Europas systematisch in Vernichtungslager zu bringen. Dazu gehören auch die 160.000 Juden, die noch in Berlin leben. Etwa 1.700 von ihnen entgehen bis zum Kriegsende im Mai 1945 der systematischen Verfolgung durch Geheimpolizei und Spitzel, weil sie rechtzeitig untertauchen und sich versteckt halten konnten. Dazu gehören vier Berliner und Berlinerinnen im Alter von 16 bis 20 Jahren, die sich ab 1943 mit Hilfe von nichtjüdischen Deutschen verstecken. Die 17-jährige Waise Hanni Lévy färbt ihre Haare blond und findet nach langer Odyssee bei einer Kinokartenverkäuferin Zuflucht. Cioma Schönhaus schlägt sich als gewiefter Passfälscher durch und verschafft so anderen Verfolgten eine neue Identität.
In der Jurybegründung heißt es: "Es ist ein großes Verdienst von Autor und Regisseur Claus Räfle, sich dieses Themas angenommen zu haben und mit einer umfassenden Recherche nicht nur Archivmaterial gesammelt, sondern auch noch vier lebende Zeitzeugen gefunden zu haben. Ein hervorragendes Drehbuch konzentriert sich auf seiner Erzählebene erfreulicherweise auf das Leben der "ganz normalen" Berliner Bevölkerung und verzichtet auf den Blick auf die sonst übliche und überstrapazierte Heil-Hitler-Ebene von Regimeführung, Partei und Gestapo.
Die dramaturgisch geniale Idee, einen Spielfilm über die Erlebnisse der vier Zeitzeugen, die dem Holocaust entkommen konnten, mit den Interviews der vier Betroffenen zu verbinden, gibt dem Film eine gnadenlos erschütternde Authentizität. In mehreren Sequenzen des Films wird die inszenierte Handlung nahtlos durch diese Interviews nicht nur weitergeführt und aufgelöst, sondern gibt den teilweise abenteuerlichen und fast unglaublichen Spielszenen gleichzeitig auch die historische Legitimation.
Die vier Zeitzeugen gefunden zu haben ist ein Schatz der besonderen Art. Denn reinen Interviewcharakter haben ihre Erzählungen nicht. Vielmehr berichten sie von ihrem Leben, ihrem Schicksal und im Detail von ihren Erlebnissen als "Unsichtbare" und gleichzeitig auch -für sie selbst nach wie vor unfassbar - vom Leid und Tod von sechs Millionen Glaubensschwestern und -brüdern.
Die präzise Montage der Spiel-und Erzählszenen in ihrer jeweiligen Ergänzung ist in dieser Form ein Kunstwerk der besonderen Art, das ein großes Lob verdient. Ein weiteres Lob gilt der Einbindung des Archivmaterials in die Spielhandlungen. Man hat glücklicherweise vermieden, die notwendigen Straßenszenen nicht zu bauen oder in den einschlägig bekannten „Filmstraßen“ zu drehen. Vielmehr liefern die gewählten bewegten Archivbilder Berlins exakt die Szenen, die für den Handlungsfortlauf notwendig waren und geben gleichzeitig einen schönen authentischen Blick in das Berliner Alltagsleben. Geschickt dabei auch die absolut passende Vertonung des stummen Archivmaterials. Bleibt noch der Hinweis auf die gute und unaufdringliche Ausstattung.
Die Auswahl des Schauspielerensembles ist ein Glücksfall und ihr Spiel unter der sicheren Führung der Regie glaubhaft und überzeugend gut. Insgesamt ein Filmwerk von hohem historischem und auch pädagogischem Wert, dem nicht nur im Kino großer Erfolg gewünscht werden sollte, sondern auch in den medialen Bildungswerken und dem Unterricht in den Schulen."