Hintergrund
Kyoto und die Folgen
Der Klimawandel stellt eine der größten ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedrohungen der Erde dar und wird vermutlich das alles beherrschende Umweltthema unseres Jahrhunderts sein. In den letzten hundert Jahren ist die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche um 0,3 bis 0,6 Grad Celsius gestiegen. Jüngste wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass diese Erderwärmung hauptsächlich auf den Menschen zurückzuführen ist. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Abholzung von Wäldern haben den Ausstoß des Kohlendioxids (CO2) und anderer so genannter Treibhausgase drastisch steigen lassen. Die ökonomischen Schäden allein für Deutschland schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bis zum Jahr 2050 auf etwa 100 Milliarden Euro.
Sichtbare Anzeichen des Klimawandels
Die globalen Klimamodelle der Wissenschaftler zeichnen ein düsteres Zukunftsszenario, aber auch schon heute wirkt sich der Klimawandel auf die Umwelt und den Alltag der Menschen aus: Wirbelstürme und Überschwemmungen nehmen in Zahl und Intensität zu. Alleine in den letzten zehn Jahren wurde Deutschland von sechs so genannten Jahrhundertfluten erschüttert. Die Eismassen und Gletscher schmelzen in einem bedrohlichen Maße. Im August 2006 waren im arktischen Packeis bis zu 10 Prozent der sonst massiven Eisschicht brüchig. Das entspricht der Fläche von Großbritannien. Immer neue Temperaturextreme werden verzeichnet. Die Jahre 1998, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005 waren global die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1861. Im Laufe der letzten 30 Jahre ist die Austrocknung der Landoberfläche der Erde stark vorangeschritten. Auch Europa ist hiervon betroffen.
Schreckensszenario der Zukunft
Wenn keine geeigneten Gegenmaßnahmen getroffen werden, ist zu erwarten, dass die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius und der Meeresspiegel um 10 bis 90 cm steigen wird. Die Auswirkungen auf die Umwelt und die Wirtschaft wären unvorstellbar. Schon eine Erwärmung von mehr als 2 Grad Celsius führt zu kollabierenden Ökosystemen, zu Überschwemmungen und Dürreperioden durch eine veränderte Niederschlagsverteilung, zu extremen Temperaturerhöhungen und zur Zunahme von Wirbelstürmen. Durch das Ansteigen des Meeresspiegels wird Lebensraum vernichtet, zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sterben aus, schwere soziale und ökonomische Schäden, Hunger- und Wasserkrisen sind zu erwarten.
Das Protokoll von Kyoto
Schon Ende des 19. Jahrhunderts warnten Wissenschaftler wie der schwedische Physiker, Chemiker und Nobelpreisträger Svante Arrhenius davor, dass die beim Verbrennen von Kohle entstehenden CO2-Emissionen zu einer Erderwärmung führen würden. Es verging jedoch noch ein ganzes Jahrhundert, bis sich die erste Weltklima-Konferenz 1979 in Genf der Erderwärmung im globalen Maßstab annahm. In den folgenden 20 Jahren wurde der drohende Klimawandel auf einer Vielzahl zwischenstaatlicher Konferenzen diskutiert. 1997 einigten sich 141 Staaten in der japanischen Kaiserstadt Kyoto auf ein gemeinsames Protokoll, das eine verbindliche Emissionsreduktion vorschreibt. Die Vorgaben für die teilnehmenden Länder sind verschieden, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Entwicklung: In den großen Industriestaaten soll der Ausstoß von Kohlendioxid bis 2012 durchschnittlich um 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Die EU hat sich verpflichtet, ihre Emissionen um acht Prozent zu reduzieren. Russland und die Ukraine dürfen die Rate des CO2-Ausstoßes von 1990 nicht überschreiten. China, Indien und die Entwicklungsländer unterliegen keinen Verpflichtungen. Die USA, die nach Informationen der Bundesregierung zum Kyoto-Protokoll mit 36 Prozent Emissionsausstoß der Hauptverursacher der Luftverschmutzung sind (Stand: Oktober 2004), haben das Kyoto-Protokoll unter der Regierung Clinton zwar 1997 unterschrieben, es aber bis heute nicht ratifiziert, also völkerrechtlich verbindlich bestätigt.
Ratifizierungs- und Umsetzungsprobleme
Damit das Kyoto-Protokoll völkerrechtlich verbindlich werden konnte, musste es von mindestens 55 Staaten, die zusammengerechnet mehr als 55 Prozent der Treibhausemissionen von 1990 verursachen, ratifiziert werden. Beide Bedingungen waren erfüllt, als Russland, das 17,4 Prozent der weltweiten Emissionen produziert, das Protokoll ratifiziert hatte. Im Februar 2005 konnte das Abkommen in Kraft treten. Inzwischen haben über 150 Staaten das Kyoto-Protokoll ratifiziert – sie sind für rund 62 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Unter Fachleuten ist das Kyoto-Protokoll allerdings auch nicht unumstritten. Von vielen wird es als erster Schritt hin zu einer globalen Verständigung über den Klimaschutz gewürdigt. Andere betrachten es als symbolisches Abkommen und bei weitem nicht ausreichend, um die globale Erderwärmung zu bremsen, geschweige denn sie zu verringern. Unstrittig ist, dass die fortlaufende Erderwärmung nicht aufzuhalten sein wird, solange die USA die Kyoto-Vereinbarung nicht vollständig anerkennen und ihren eigenen Emissionsausstoß nicht drastisch senken. Fast ein Jahrzehnt nach Kyoto zeigt sich, dass auch die Entwicklungs- und Schwellenländer einen Beitrag leisten müssen. Länder wie China, Indien und Brasilien erhöhen mit ihrem zunehmenden Energieverbrauch die globalen Emissionen weiter. China ist mit 3,7 Mrd. Tonnen jährlich inzwischen der zweitgrößte CO2-Emittent nach den USA; Russland, Japan und Indien folgen auf den Plätzen 3, 4 und 5. Experten/innen sagen einen steigenden CO2-Ausstoß von mehreren Milliarden Tonnen voraus.
Nach uns die Zukunft?
Angesichts der bevorstehenden dramatischen Klimaveränderungen und bisher weitgehend ausbleibender Erfolge wird von Wissenschaftlern/innen und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) dringend eine 2. Kyoto-Periode gefordert. Diese soll neben der Verschärfung der Reduktionsziele bis zum Jahre 2020 weitere Maßnahmen beschließen. Vorgeschlagen werden Konzepte zur alternativen Energiegewinnung, zum Einsparen von Kraftstoff in der Automobilindustrie, zur Umgestaltung des Verkehrswesens bis hin zu Überlegungen, einen gerechten Emissionshandel auf alle Bürger/innen dieser Erde auszuweiten. Ob sich die internationale Staatengemeinschaft auf solche Ziele und Maßnahmen einigen kann, wird sich in den bevorstehenden Regierungsverhandlungen erst zeigen müssen. Die nächste Weltklimakonferenz findet im November 2006 in Nairobi/Kenia statt.
www.auswaertiges-amt.de
Wortlaut des Kyoto-Protokolls (deutsch)
www.bundesregierung.de
Informationen der Bundesregierung zum Kyoto-Protokoll
www.bmu.de
Informationen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu den Themen Klima und Energie
www.climatenetwork.org
Internationales Netzwerk der Klimaschutz NGOs (Non-Governmental Organizations)
www.unfccc.int
Sitz des Klimasekretariats in Bonn mit einer kompletten Übersicht über die Beschlüsse von Rio, Kyoto
Autor/in: Irina Strelow, 29.09.2006
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