Argentinien in den 70er Jahren: Die Taxifahrerin Soledad flieht aus Buenos Aires und landet in dem kinoverrückten Dorf Rio Pico in Patagonien. Dort kommen die Filmkopien nicht nur in katastrophalem Zustand an, der Kinobetreiber führt sie auch noch grotesk verstümmelt und sinnentstellt vor. Da es weder Radio noch Fernsehen gibt, hat das zur Folge, dass alle Einwohner unter 40 Jahren unfähig sind, zusammenhängend und sinnvoll zu kommunizieren. Zur Bekämpfung der "Rio Pico-Krankheit" gewinnen die Altvorderen des Dorfes Soledad. Sie soll mit Hilfe des technischen Dorfgenies Tardini eine eigene Wochenschau moderieren. Während sich Soledad in den Filmkritiker Pedro verliebt, trifft der französische Ex-Kino-Star Edgard Wexley bei seinen weltweit einzig verbliebenen Fans ein. – 1998 wurde der Film auf dem Festival in San Sebastian mit der "Goldenen Muschel" ausgezeichnet, für Alejandro Agresti (Jg. 1961) die bisher größte internationale Anerkennung. Seine skurrile Parabel über symbolische Kommunikationsstörungen in der modernen Zivilisation kann mit wundervollen europäischen Stars in Paraderollen aufwarten: Die spanische Actrice Angela Molina verkörpert eine gutmütige, vereinsamte Kneipenwirtin, während der 71-jährige Franzose Jean Rochefort mit einer Portion Selbstironie eine abgehalfterte Kinolegende spielt. Die talentierte Nachwuchsschauspielerin Vera Fogwill als anpassungsfähige Außenseiterheldin komplettiert das ausgezeichnete Hauptdarstellertrio. Getragen von einem schrulligen Humor und einem schier grenzenlosen Verständnis für menschliche Verschrobenheiten wirkt das scheinbar zeitlose Dorfdrama bis auf einige Längen im Mittelteil leichtfüßiger als es tatsächlich ist. Vor allem das charismatische Dorfgenie Tardini reichert die cineastische Burleske mit philosophischen Reflexionen an. Er erfindet die Grundlagen der Relativitätstheorie, die Psychoanalyse und den Kommunismus noch einmal neu.
Autor/in: Reinhard Kleber, 01.05.2002