Die junge, schöne Bahia nimmt die alte Hippie-Parole "Make Love, Not War" wörtlich: Erfolgreich setzt die Linksaktivistin ihre Reize ein und schläft mit politischen Gegnern, um sie ideologisch umzupolen. Als sie aber dem 20 Jahre älteren, unauffälligen Ornithologen Arthur begegnet, ist alles anders. Denn das Konservative ist bei ihm nur Oberfläche, heimlich ist Arthur glühender Sozialist, womit es schon eine Gemeinsamkeit zwischen beiden gibt. Aus den beiden so gegensätzlichen Menschen wird ein Paar, was nicht nur die Eltern – sie ist aus liberal-intellektuellem Haus mit algerischen Wurzeln, er ein konservativ erzogener Jude – verwirrt.
Der Name der Leute ist die zweite Regiearbeit von Michel Leclerc, der gemeinsam mit seiner Partnerin Baya Kasmi auch das Drehbuch schrieb und eigene Erfahrungen im interkulturellen Zusammenleben verarbeitet hat. Wie jede gute Komödie hat auch diese eine ernste Komponente. Arthur und Bahia haben trotz ihrer Gegensätzlichkeit vieles gemeinsam. Ihre Eltern sind auf unterschiedliche Art und Weise traumatisiert: Bahias von der Flucht vor dem Algerienkrieg, Arthurs von der Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten, wie man durch
Rückblenden erfährt. Diese Erfahrungen haben sich auch auf die Erziehung ihrer Kinder ausgewirkt. Ethnische Vorurteile bestehen außerdem auf beiden Seiten, denn die Frage der "richtigen" Herkunft ist auch hier wichtig. Augenzwinkernd nimmt Leclerc solche multikulturellen Klischees aufs Korn.
Wie der deutsche Film
Almanya – Willkommen in Deutschland (Yasemin Samdereli, Deutschland 2010) erzählt
Der Name der Leute von den Herausforderungen des interkulturellen Zusammenlebens. Der männliche Protagonist Arthur ist überangepasst, während Bahia nachdrücklich auf ihrer ethnischen Individualität und Andersartigkeit besteht und diese auch zelebriert. Diese unterschiedlichen Arten ihres Umgangs mit dem Migrationshintergrund bieten eine spannende Diskussionsgrundlage für sozial und ethisch orientierte Fächer. Ein weiterer Anknüpfungspunkt könnte die Frage sein, was der Umgang verschiedener ethnischer Gruppen mit- und untereinander über eine Gesellschaft aussagt und inwiefern die Religionszugehörigkeit dabei eine Rolle spielt. Ergänzend dazu regt der Film zu einem Meinungsaustausch darüber an, inwiefern Kinder das erzieherische Erbe und die Vergangenheitstraumata der Eltern weiter tragen.
Autor/in: Ingrid Beerbaum, 12.04.2011
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