Roberto ist Inhaber eines kleinen Eisenwarengeschäfts in Buenos Aires und ein notorischer Einzelgänger mit starken Bindungsängsten, der niemanden an sich heran lässt. Eines Tages platzt ein junger Chinese in sein langweiliges Leben, der kurz nach seiner Ankunft ausgeraubt wurde und bei seiner Suche nach seinem Onkel auf fremde Hilfe angewiesen ist. Widerstrebend nimmt Roberto den Gestrandeten unter seine Fittiche. Zwar geraten damit seine geregelten Abläufe empfindlich durcheinander, doch fasst der mürrische Single zögerlich Vertrauen zu dem neuen Mitbewohner und findet darüber einen Ausweg aus seinem eigenen tristen Dasein.
Gleich in mehrfacher Hinsicht wirkt
Chinese zum Mitnehmen wie eine südamerikanische Antwort auf die Tragikomödien des Finnen Aki Kaurismäki – entwickelt doch Sebastián Borensztein seine Geschichte einer ungewöhnlichen Männerfreundschaft mit spärlichen Dialogen, trockenem Humor, einem melancholischen
Soundtrack und einem Anflug von Skurrilität. Den Grundstein für absurde Szenen legen die gravierenden Verständigungsprobleme: Roberto versteht kein Chinesisch, sein Kompagnon kein Spanisch. Herz des Films ist der großartige Hauptdarsteller Ricardo Darín. Mit subtilen Blicken und Gesten, von der Kamera eingefangen in dichten
Großaufnahmen, lässt er ahnen, dass sich hinter der griesgrämigen Fassade ein lange verdrängter, tiefer Schmerz verbirgt.
Kommunikationsprobleme infolge sprachlicher Barrieren zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund sind in Klassenzimmern verbreitet. Im medienpädagogischen Unterricht bietet der Film daher eine Chance, über die angebotenen positiven Lösungsstrategien zu diskutieren und weitere einzubringen. In diesem Kontext sollten auch die Motive für Robertos Entwicklung analysiert werden. Ferner können Schüler/innen am Beispiel Robertos erörtern, warum Menschen bewusst alleine leben und zu Eigenbrötlern werden. Mit den kuriosen Berichten, die der Protagonist aus Zeitungen zusammenträgt, bietet der Film zudem gute Anreize für den Deutschunterricht: Inspiriert von persönlichen Erlebnissen, Pressenotizen oder Fernsehberichten können Schüler/innen eigene fantasievolle Migrations-Geschichten entwerfen.
Autor/in: Kirsten Liese, 04.01.2012
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