Ein junger Spanier sucht in London nach seinem Vater. Er betrinkt sich jede Nacht und wacht jeden Morgen in einem anderen Bett auf. Schließlich findet er in einem von Künstlern/innen besetzten Haus Unterschlupf und nähert sich unter einem Vorwand dem Mann, in dem er seinen Vater vermutet. Im selben Gebäude wohnt eine junge Belgierin, die eine unglückliche Liebe vergessen will. Sie begegnet einem Gleichaltrigen, tauscht aber weder Namen noch Telefonnummern mit ihm aus. Obwohl es zwischen den beiden "gefunkt" hat, legt es die junge Frau darauf an, dass sie sich verpassen und möglicherweise nie wiedersehen. Sollte es anders kommen, muss es wohl Schicksal sein.
Alexis Dos Santos geht in seinem Film dem Lebensgefühl einer verlorenen Generation nach. Seine beiden Hauptfiguren sind auf der Suche nach sich selbst und betäuben ihren Schmerz mit Alkohol und wechselnden Beziehungen. Allein die Subkultur der Großstadtszene gibt ihnen Halt, weshalb die
Independent-Musik im Film eine wichtige Rolle spielt. Um deren Bedeutung zu unterstreichen, setzt Dos Santos vorwiegend Source-Musik ein, bei der die Musik auf eine Quelle im Bild, etwa ein Radio oder ein Live-Auftritt, zurückgeht. Das jugendliche Lebensgefühl fängt er mit "desorientierenden" Stilmitteln wie Zeitsprüngen, unvermittelten Ortswechseln und
Jump-Cuts ein. Auch die herausgehobenen Sexszenen folgen mit extremen
Großaufnahmen, Unschärfen und fragmentierten
Bilderfolgen diesem Muster.
Im Film kann man den Eindruck gewinnen, dass zur jugendlichen Orientierungsphase notwendig sehr viel Alkohol, unstete Beziehungen und "ungemachte Betten" – der Filmtitel lautet im Original
Unmade Beds – gehören. Ob dies so ist, und wenn ja, warum, darüber muss man sicherlich diskutieren. Daran anschließend ließe sich erörtern, welche Rolle die verschiedenen Jugend-Subkulturen in der charakterlichen Entwicklung spielen und inwiefern sie in der Lage sind, gebrochene Familienstrukturen zu ersetzen. Für den Musikunterricht bietet sich ein Vergleich mit Filmen wie
Die Reifeprüfung (The Graduate, Mike Nichols, USA 1967) oder
Taking Woodstock (Ang Lee, USA 2009) an, in denen ebenfalls das Lebensgefühl einer Generation durch den musikalischen
Soundtrack reflektiert wird.
Autor/in: Michael Kohler, 01.08.2010
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