Sarah Moss wird für eine streng geheime Mission angeheuert. Im Auftrag einer privaten Sicherheitsfirma soll die ehemalige FBI-Agentin sich von der Widerstandsgruppe The East rekrutieren lassen. Gleiches mit Gleichem vergelten – so lautet das Motto der East-Aktivisten/innen. Sie haben es vor allem auf die Geschäftsführer/innen von Chemie- und Pharmaunternehmen abgesehen und wollen diese mit ihren eigenen Waffen bekämpfen: Wer Trinkwasser durch Chemikalien verunreinigt hat, soll darin baden, wer Medikamente mit fatalen Wirkungen auf den Markt gebracht hat, soll sie selbst schlucken. Als es Sarah gelingt, die anarchistische Gruppe tatsächlich ausfindig zu machen, hält sie deren Mitglieder zunächst für fanatische Spinner. Doch je mehr sie über deren Ideale und Ziele erfährt, desto mehr beginnt sie auch an ihren eigenen Überzeugungen zu zweifeln – bis eine Rückkehr in ihr geregeltes Privatleben nicht mehr möglich ist.
Aus dem
Blickwinkel der Hauptfigur führt Zal Batmanglij in seinem spannend und mitreißend inszenierten Politthriller mitten hinein in die Terrorgruppe und lässt das Publikum Sarahs Entwicklung von der loyalen Agentin zur Aktivistin unmittelbar nachvollziehen. Wird zu Beginn bewusst mit Klischees gespielt, die die East-Mitglieder durch ihre Rituale und das Kostümbild in Beziehung zu Esoterik-Gruppen oder Sekten stellen, so untergräbt der Film diese im weiteren Verlauf und lässt die Charaktere nach und nach in anderem Licht erscheinen. Geschickt spielt Batmanglij dabei mit Sympathie für und Distanz zu den Protagonisten/innen. Machen diese doch – wenngleich mit verwerflichen Mitteln – auf Missstände aufmerksam, fordern Gerechtigkeit und ziehen die Verantwortlichen zur Rechenschaft.
Indem den gesetzlosen Aktivisten/innen die nicht weniger skrupellos handelnden Unternehmer/innen gegenübergestellt werden, verzichtet
The East auf eine eindeutige Gut-Böse-Dramaturgie und nimmt gerade deshalb eine unbequem ambivalente Haltung ein, die sich gut im Unterricht aufgreifen lässt. So kann etwa diskutiert werden, inwiefern das Anliegen der Gruppe nachvollziehbar ist. Anhand der Protagonisten/innen kann besprochen (und bewertet) werden, in welchem Verhältnis jeweils Ziele und Mittel stehen. Dabei sollte sowohl auf den Aspekt der Selbstjustiz eingegangen werden als auch auf die gesellschaftliche, politische, moralische und ökologische Verantwortung, die Unternehmen für ihr Handeln haben. Nicht zuletzt regt der Film dazu an, über die Ursachen von Radikalisierungsprozessen alternativer Bewegungen nachzudenken – und über die Möglichkeiten eines gesetzeskonformen Widerstands.
Autor/in: Stefan Stiletto, 16.07.2013
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