Burma 1988: Aung Sang Suu Kyi, Tochter eines 1947 getöteten Nationalhelden, kehrt nach vielen Jahren in England in ihre Heimat zurück. Zu dieser Zeit erschüttern Unruhen das Land, die Militärdiktatur wehrt sich mit brutalen Mitteln. Schnell wird Suu Kyi zur Ikone des Widerstands, erringt – umgehend annullierte – Wahlsiege und erhält infolge ihrer längst erlangten internationalen Berühmtheit 1991 den Friedensnobelpreis. Die Ehrung kann jedoch nur von ihrem Mann, dem britischen Universitätsprofessor Michael Aris, sowie den zwei Söhnen entgegengenommen werden – Suu Kyi steht mittlerweile unter Hausarrest. Die Trennung von der Familie gehört zu den taktischen Schikanen der Machthaber und wird unerträglich, als Michael unheilbar an Krebs erkrankt.
Regisseur Luc Besson, sonst Spezialist für ironische Actionspektakel, inszeniert die Lebensgeschichte der burmesischen Dissidentin als bewegendes Liebesdrama. Michaels Krebsdiagnose im Jahr 1998, die den gemeinsamen politischen Kampf vollends zur privaten Tragödie macht, dient nicht nur als Rahmenhandlung; die persönliche Perspektive bestimmt weitgehend den Film. Suu Kyis parteipolitische Aktivitäten, Schilderungen von Gräueltaten und Einblicke in Entscheidungsprozesse der Militärjunta werden zwar keineswegs ausgespart, nehmen aber deutlich geringeren Raum ein. Gerade durch diese bewundernde Distanz ergibt sich der Eindruck einer Heiligenverehrung, die durch übertrieben emotionale
Musik,
Zeitlupeneffekte und
Großaufnahmen verstärkt wird. Suu Kyi, die elegante kleine Dame mit der Blume im Haar, wird als übergroßes Vorbild, aber kaum als Mensch erkennbar.
Die wahre Geschichte seiner Protagonistin hat den Film inzwischen eingeholt: Im November 2010 wurde Aung Sang Suu Kyi nach insgesamt 15 Jahren Hausarrest entlassen; wenige Tage nach ihrem Wahlsieg kommt Luc Bessons Film in die Kinos. Nun gilt es, ihren politischen und humanitären Kampf in einem der ärmsten Länder der Welt weiter zu verfolgen. So können im Unterricht allgemeine Kennzeichen und Auswirkungen diktatorischer Regime diskutiert werden. Da der Film zur konkreten ökonomischen, ethnischen und geopolitischen Situation jedoch kaum Hintergrundinformationen liefert, sollten diese durch zusätzliche Recherchen und Quellenmaterialien erarbeitet werden. Kritisch kann auch die Stilisierung Suu Kyis zur mütterlichen Heilsikone hinterfragt werden, die für menschliche Selbstzweifel kaum Raum lässt und ihre in der Tat beeindruckende Intelligenz und Ausdrucksstärke einigen wenigen politischen Plattitüden opfert.
Autor/in: Philipp Bühler, 30.03.2012
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