Gretel sitzt auf dem Sofa in einem Haus, in dem sie seit über 30 Jahren lebt – und kann sich nicht daran erinnern. Sie ist an Alzheimer-Demenz erkrankt und ihre Pflege wird zunehmend anspruchsvoller. Gretels Mann ist urlaubsreif und so hat Sohn David sich entschieden, mit anzupacken. Gleichzeitig beginnt dieser die letzten Lebensjahre seiner Mutter filmisch zu dokumentieren. Der Versuch, Gretels Erinnerungsvermögen zu stimulieren, gerät zur Reise in die Vergangenheit der einstigen politischen Aktivistin und zur Auseinandersetzung mit der Liebesgeschichte der Eltern. Unterdessen entdeckt die Familie eine neue Form von Nähe.
Als
Ich-Erzähler und Mitwirkender im Film führt Regisseur David Sieveking auf sehr persönliche Weise durch seine Dokumentation. Anhand von Alltagsszenen und Gesprächen zeigt er auf, welche Herausforderungen das Zusammenleben mit der erkrankten Mutter mit sich bringt. Zugleich fokussiert er aber auch die schönen Momente, in denen sich neue Bande zwischen den Familienmitgliedern entwickeln. Parallel recherchiert Sieveking zur Biografie seiner Mutter. Aus Erzählungen des Vaters und anderer Weggefährten/innen sowie alten Fotografien und Archivmaterialien entsteht nach und nach das Porträt einer Frau, die sich, geprägt von der 68er-Bewegung, zunächst für Sozialismus und politische Flüchtlinge, später für antiautoritäre Erziehung und grüne Politik engagierte.
Die neugierige, heitere und stets respektvolle filmische Auseinandersetzung des Sohnes mit seiner Mutter streift zum einen die Geschichte der 68er-Generation. Zum anderen stellen sich der Regisseur und seine Familie einer der brennendsten Fragen unserer Zeit: Wie geht man mit einer immer älter werdenden Gesellschaft um, in der mehr und mehr Menschen pflegebedürftig sind? Im Unterricht kann die Diskussion des demografischen Wandels unter ethischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten Schüler/innen für dieses Thema sensibilisieren, mit dem sie im Familienkreis möglicherweise auch selbst konfrontiert sind. Ferner kann im Speziellen die Krankheit Alzheimer-Demenz bearbeitet werden, die auch zentrale Fragen zu Identität und Persönlichkeitsbildung im Allgemeinen aufwirft.
Autor/in: Marguerite Seidel, 28.01.2013
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