Spanien 1954 unter dem Franco-Regime: Der siebenjährige Marcos wird von seiner hoch verschuldeten Familie an einen Großgrundbesitzer verkauft. In den isolierten Bergen der Sierra Morena soll er dem Ziegenhirten Atanasio helfen. Der wortkarge Alte wird für Marcos zum Freund und Lehrer. Von ihm lernt er, wie man in der Natur überlebt – insbesondere wie man sich mit den Wölfen gutstellt. Doch plötzlich stirbt Atanasio. Allein in der Wildnis, im verzweifelten Kampf mit Hunger und Kälte, erfährt der Junge Hilfe von einem Rudel Wölfe. Zwölf Jahre lang lebt er im Einklang mit den Tieren und den Gesetzen der Natur, bis eines Tages Gendarmen bei der Fahndung nach einem Guerilla-Kämpfer den Wolfsmann finden.
Wolfsbrüder basiert auf einer wahren Begebenheit und fesselt durch spektakuläre Natur- und Tieraufnahmen. Regisseur Gerardo Olivares drehte mit einer Spielfilm- und einer Tierfilmcrew. Dabei gelang es ihm, Schauspieler und wilde Wölfe gemeinsam vor die Kamera zu bringen und sie nicht – wie ursprünglich geplant – nur im
Schuss-Gegenschuss-Verfahren zu zeigen. Trotz der authentischen Aufnahmen erhält das Geschehen, untermalt von elegischer
Filmmusik, teilweise märchenhafte Züge. Die Spielfilmhandlung wirkt dabei etwas pathetisch und unentschieden. Neben Marcos' Entwicklungsgeschichte – hauptsächlich als Siebenjähriger, später als Zwanzigjähriger und kurz als Sechzigjähriger – erzählt ein Nebenplot von der Not der Landbevölkerung.
Wolfsbrüder beruht auf der Lebensgeschichte von Marcos Rodríguez López, der auch selbst kurz auftritt. Der Film steht in einer langen Tradition von literarischen und filmischen Auseinandersetzungen mit ähnlichen Fällen, wodurch sich für den Unterricht interessante Vergleichsmöglichkeiten ergeben, so etwa mit Rudyard Kiplings
Das Dschungelbuch (1894) oder François Truffauts
Der Wolfsjunge (L’enfant sauvage, Frankreich 1970). Mit der Figur des Jungen bietet
Wolfsbrüder eine gute Identifikationsfigur, um Jugendliche auch für die realen historischen Hintergründe des Falls zu interessieren. Zudem kann im Unterricht über die im Film gezeigten Überlebens-Mechanismen in der Tier- und Menschenwelt sowie die damit verbundene Zivilisationskritik diskutiert werden.
Autor/in: Kirstin Weber, 07.05.2012
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