Die berühmte iranische TV- und Kinodarstellerin Behnaz Jafari ist entsetzt, als sie die Videobotschaft eines Mädchens namens Marziyeh sieht, das sie angeblich schon mehrfach kontaktiert und um Hilfe gebeten hat. Wie sie in dem kurzen Film erklärt, möchte die Jugendliche unbedingt auf eine Schauspielschule gehen, was ihre Eltern jedoch strikt untersagen. Da sich Marziyeh am Ende ihres Clips offenbar aus Verzweiflung erhängt, fährt Jafari gemeinsam mit dem befreundeten Regisseur Jafar Panahi in das entlegene Dorf, aus dem der Teenager stammt. Während die beiden Städter nach Hinweisen auf den Selbstmord suchen, kommen sie mehrfach mit den Einheimischen ins Gespräch und werden mit deren patriarchalem Denken konfrontiert. Bei ihren Nachforschungen erleben Jafari und Panahi schließlich eine große Überraschung.
Obwohl die iranische Regierung im Jahr 2010 ein Berufs- und Reiseverbot für Jafar Panahi verhängte, dreht der regimekritische Regisseur fleißig weiter. Nach seiner preisgekrönten Arbeit
Taxi Teheran legt er nun ein vor allem in nahen
Einstellungen erzähltes Roadmovie vor, das nicht nur einen Blick auf die Bedingungen für Filmschaffende im Iran wirft, sondern sich auch mit überholten patriarchalen Strukturen in ländlichen Regionen befasst. Immer wieder prallen bei der Spurensuche der Protagonisten althergebrachte Ansichten und emanzipatorische Bestrebungen aufeinander, wobei Panahi nicht den Fehler begeht, die konservativ geprägten Dorfbewohner/-innen zu verteufeln. Auch wenn er dem Festhalten an traditionellen Bräuchen und Denkweisen mit einer guten Portion Ironie begegnet, nimmt er einige der von den Einheimischen vorgebrachten Einwände und Bedürfnisse durchaus ernst.
Drei Gesichter eröffnet am Beispiel der in ihren persönlichen Zielen und Wünschen beschnittenen Marziyeh Raum für eine ausführliche Diskussion über die Frage, welchen Zwängen Frauen in der iranischen bzw. in einer patriarchalischen Gesellschaft, vor allem in ländlichen Gebieten, noch immer unterworfen sind. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die im Film mehrfach angestoßene Debatte über die Authentizität der Bilder. Immerhin erweist sich Marziyehs Video als geschickte Manipulation, mit der sie Jafari für ihr Anliegen gewinnen will. Allgemein lässt sich am Beispiel des Regisseurs Jafar Panahi erörtern, wie sich aktuell die Arbeitssituation für Filmemacher/-innen im Iran darstellt. In diesem Zusammenhang könnte man sich die Entstehungsbedingungen von
Drei Gesichter, aber auch den Werdegang Panahis seit dem 2010 verhängten Berufsverbot genauer anschauen.
Dieser Text ist eine Übernahme des
VISION KINO-FilmTipps.
Autor/in: Christopher Diekhaus, 15.11.2018, Vision Kino 2018.
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