Kategorie: Filmbesprechung
"Schimpansen"
Chimpanzee
Mehr als zwei Jahre lang haben Alastair Fothergill und Mark Linfield eine frei lebende Schimpansen-Sippe in einem ivorischen Regenwald beobachtet und sind den scheuen Tieren dabei mit der Kamera sehr nahe gekommen.
Unterrichtsfächer
Thema
Mitten im tropischen Taï-Nationalpark, der im Südwesten der Republik Elfenbeinküste liegt, unternimmt ein kleiner Schimpanse seine ersten Schritte ins Leben. Weicht er anfangs kaum von der Seite seiner Mutter, wird er bald schon wagemutiger und erklettert – noch etwas unsicher – Bäume oder tobt mit Gleichaltrigen im Dickicht herum. Der kleine Draufgänger – im Film Oskar genannt – steht mitsamt seiner frei lebenden Großfamilie im Mittelpunkt der Handlung von "Schimpansen" . Er wächst scheinbar direkt vor den Augen des Filmteams heran und wird bald vor eine existenzielle Herausforderung gestellt: Nach Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Affen wird Oskars Mutter Isha vermisst und der Kleine ist gezwungen, sich Adoptiveltern zu suchen. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ohne Hilfe von Älteren ist ein junger Schimpanse im Regenwald verloren. Doch alle Weibchen der Sippe weisen ihn ab, Oskar wird zunehmend schwächer, bis sich überraschend das Alphamännchen Freddy seiner annimmt und ihm damit das Leben rettet. So erzählt "Schimpansen" nicht nur eine berührende Geschichte, sondern zeigt mit dieser Adoption auch ein Verhalten, das bei Menschenaffen in freier Wildbahn bislang nur selten beobachtet werden konnte.
Innenansichten einer Schimpansenfamilie
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Der Film "Schimpansen" wartet mit bestechenden Bildern auf, die eine große Nähe zu den Tieren herstellen und die Atmosphäre des Dschungels fast greifbar machen. Zum Inhalt: Groß- und Detailaufnahmen erlauben intime Einblicke ins Sozialleben der Schimpansen, zeigen die Tiere bei der Nahrungssuche, der Körper- und Fellpflege, dem sogenannten Grooming, und bei spielerischen Rangeleien und Auseinandersetzungen um die Rangordnung und um ihr Revier. Besonders interessant ist es, Oskar beim Lernen zusehen zu können: Durch genaue Beobachtung und Nachahmung schaut er sich etwa die Überlebenstricks von den älteren Affen ab. Im Taï-Nationalpark gehört dazu auch eine besondere Fertigkeit im Nüsse-Knacken mit Hilfe von Steinen und Ästen. Offenbar bedienen sich nur die dort lebenden Schimpansen dieser Technik und geben ihr Wissen seit Generationen weiter. Der Werkzeuggebrauch ist ein kulturell erlerntes Verhalten, das auch Wissenschaftler/innen des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie interessiert, die im Nationalpark seit 33 Jahren Freilandforschung betreiben. Die dadurch erfolgte Gewöhnung an Menschen ermöglichte erst die Filmarbeiten vor Ort.
Der Regenwald als Kulisse
Der Regenwald spielt als Lebensraum der Schimpansen eine eigene Rolle im Film, gleichwohl erfahren die Zuschauer/innen erst im Abspann, in welchen Regionen Afrikas überhaupt gedreht wurde. Darüber hinaus fehlen Informationen über die Bedrohungen, denen der Lebensraum Regenwald etwa durch menschliche Besiedelung und Abholzung ausgesetzt ist, leider vollständig. Stattdessen wird im Film die Außenwelt ausgeblendet, so dass der Dschungel als ein unabhängiges und intaktes System erscheint. Rasante Zum Inhalt: Kamerafahrten durchs Dickicht und in die schwindelerregende Höhe der Baumwipfel lassen erahnen, wie klein sich ein Mensch angesichts der undurchdringlichen Wildnis fühlen mag. Immer wieder wird dem wuchernden Leben besondere Aufmerksamkeit zuteil. Dank filmischer Tricks wie Zum Inhalt: Zeitrafferaufnahmen von der Ausbreitung diverser Flechten und Nachtaufnahmen von biolumineszierenden, also leuchtenden Pilzen scheinen diese Arten ein rätselhaftes Eigenleben zu führen, dem man im Film gebannt zuschauen kann.
Action im Regenwald – Affen auf dem Kriegspfad
Als Familienfilm angelegt, orientiert sich die Dramaturgie von "Schimpansen" vor allem an einer jungen Zielgruppe und stellt Spannung und Gefühle in den Mittelpunkt. Wilde, actionreiche Jagdszenen, ein emotionalisierender Zum Inhalt: Soundtrack und ein Zum Inhalt: Kommentar, der teilweise sehr durch menschliche Metaphern geprägt ist und betont unwissenschaftlich und jovial daherkommt, machen die Konkurrenz- und Territorialkämpfe zum Motor der Handlung. Kontrapunktisch dazu wird die fürsorgliche Beziehung zwischen der Affenmutter Isha und ihrem Sohn Oskar als Inbegriff von Geborgenheit in Szene gesetzt. Wer mit der Dramaturgie von Hollywoodfilmen vertraut ist, sondiert schnell, dass die als "Grenzkonflikt" bezeichneten Auseinandersetzungen zwischen Freddy und seinem Konkurrenten Scar, den Regisseur Mark Linfield im begleitenden Presseheft aufgrund seines vernarbten Gesichts als "idealen Bösewicht" beschreibt, die Handlung auf ihren dramatischen Höhepunkt treiben werden.
Ein dokumentarischer Spielfilm
Obwohl alle tierischen Verhaltensweisen, die im Film zu sehen sind, in der Natur vorkommen, ist "Schimpansen" keine Zum Inhalt: Dokumentation, sondern vielmehr ein dokumentarischer Tierspielfilm, der authentische Aufnahmen zu einer fiktionalen Geschichte verwebt. Tatsächlich hat das Leittier Freddy ein verwaistes Affenjunges adoptiert, doch handelt es sich bei dem im Film gezeigten Äffchen nicht immer um dasselbe Tier: Der Filmheld Oskar wird, wie in Tierfilmen meist üblich, von mehreren Artgenossen verschiedener Alterstufen "dargestellt". Auch die Auseinandersetzung mit der Schimpansen-Gruppe des "bösen" Scar hat nie stattgefunden, denn diese lebt im Kibale Nationalpark in Uganda. Die authentisch wirkenden Bezüge zwischen den Affen-Sippen wurden also nur durch die geschickte Zum Inhalt: Montage und den Kommentar hergestellt. In diesem Sinne kündigt die Produktionsfirma Disney ihren Film auch als eine "True-Life-Story" an und spricht im Presseheft sogar von einer "Sozialkomödie". In der Tat hält "Schimpansen" viele erheiternde Momente bereit und nach knapp 80 Minuten fühlt man sich Oskar und seiner Familie fast ebenso nahe wie dem Sitznachbarn im Kino. Die atemberaubenden Aufnahmen, die einen im Kinosaal im wahrsten Sinne des Wortes überwältigen, und der starke Kommentar erwecken dabei leicht den Eindruck, dass hier ein unverstellter Blick ins natürliche Leben der Menschenaffen geworfen wird. Tatsächlich übersieht man dabei (wie bei vielen Natur- und Tierfilmen), dass die Narration einem dramaturgisch ausgefeilten Drehbuch folgt, dessen Spannungsbogen nicht von ungefähr an klassische Hollywoodfilme erinnert.
Weiterführende Links
- External Link Website/Trailer des Films
- External Link Max-Planck-Gesellschaft: Schimpansen – Der Film. Die Forschung hinter den Kulissen
- External Link Max-Planck-Gesellschaft: Abteilung Primatologie
- External Link Jane Goodall Institut - Germany
- External Link GEW Berlin, Presseheft zum Film "Schimpansen"
- External Link kinderfilmwelt.de