1949 – der Arzt und Universalgelehrte Albert Schweitzer ist durch seine Ethik der "Ehrfurcht vor dem Leben" und der selbstlosen Arbeit in seinem Urwaldspital im afrikanischen Lambaréné weltberühmt. Gemeinsam mit seiner Frau bereist er die USA, um Spenden zu sammeln. Im Amerika des Kalten Krieges und der McCarthy-Ära trifft er auf Verehrung, aber auch Feindseligkeit. Als sein Freund Albert Einstein ihn um Unterstützung beim Kampf gegen die Atombombe bittet, startet der Auslandsnachrichtendienst CIA (Central Intelligence Agency) eine gezielte Verleumdungskampagne. Die Schließung des Krankenhauses droht und Sabotageakte gefährden die Krankenversorgung. Schweitzer sieht sich vor die Entscheidung gestellt, sein Lebenswerk zu retten oder öffentlich Stellung gegen die Atombombe zu beziehen.
Regisseur Gavin Millars
Biopic vermeidet eine filmische Heiligsprechung, ohne die Bedeutung von Schweitzers Botschaft und Engagement zu entkräften. Gradlinig, ohne
Rückblenden, werden entscheidende Lebensstationen aus der Zeit von 1949 bis hin zur Entgegennahme des Friedensnobelpreises im Jahre 1954 erzählt. Die Verknüpfung mit einer fiktiven Geheimdienstgeschichte wirkt etwas bemüht. Doch spannend sind die überraschend kontroversen Diskussionen, die Schweitzer mit seinen engen Mitarbeitern/innen, seinem Freundeskreis und seiner Familie führt. Sie vermitteln ein vielschichtiges politisches Stimmungsbild der 1950er-Jahre, lassen aber auch menschliche Schwächen des großen Humanisten durchscheinen und die Alltagsschwierigkeiten der humanitären Arbeit. Die damit einhergehende Dialoglastigkeit des Films wird durch das lebendige und überzeugende Spiel der Schauspieler/innen abgefangen. Die konventionelle Umsetzung mit einer opulenten Bildsprache, sinfonischer
Musik und recht pathetischem Finale folgen dem Muster des großen Unterhaltungsfilms.
Albert Schweitzer steht für unbeirrbare Humanität in einer Zeit, die von Rassismus, Völkerhass und zwei Weltkriegen geprägt ist. Der Film bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte, um sich mit den philosophischen, politischen und geschichtlichen Dimensionen seines Wirkens zu beschäftigen. Vertiefend können hierzu Auszüge aus seinen Schriften hinzugezogen werden. Schweitzers ethische Prinzipien, die Anfänge der humanitären Hilfe sowie sein Einfluss auf die beginnende Pazifismus- und Ökologiebewegung lassen sich auf der Grundlage des Films im Unterricht diskutieren und mit der aktuellen Situation vergleichen. Überzeugend vermittelt der Film zudem Schweitzers Werk nicht als heroische Einzelleistung, sondern zeigt auf, wie sehr dieser auf die Hilfe, Unterstützung, aber auch Kritik seiner Mitstreiter/innen angewiesen war. Vor diesem Hintergrund bietet sich ein fruchtbarer Austausch darüber an, was ethisches Handeln und Gemeinschaftssinn ausmacht.
Autor/in: Kirstin Weber, 06.11.2009
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