Tommy, das schwarze Schaf der Familie Cahill, wird nach drei Jahren Haft entlassen. Er besucht seinen älteren Bruder Sam, der als sein genaues Gegenteil erscheint: ein treu sorgender Ehemann und Vater, zudem pflichtbewusster Soldat, der in Kürze den Marschbefehl nach Afghanistan erwartet. Sams Ehefrau sieht ihren Schwager nicht gern in ihrem Haus, doch als ihr Mann in Afghanistan vermisst und schließlich für tot erklärt wird, wandelt sich Tommy zur Stütze der trauernden Familie und ersetzt Sam schließlich als Mann im Hause. Doch dann kehrt sein Bruder nach wochenlangem Martyrium aus dem Krieg zurück.
Schon in seinem Drehbuch zu
25 Stunden (25th Hour, Spike Lee, USA 2002) hat sich David Benioff mit den psychologischen Auswirkungen des Kriegs gegen den Terror auseinandergesetzt. Für den Regisseur Jim Sheridan überträgt er hier Susanne Biers Kriegsdrama
Brothers – Zwischen Brüdern (Brødre, Dänemark 2004) auf US-amerikanische Verhältnisse und übernimmt mit dem Rollentausch der ungleichen Brüder auch dessen Pointe. Diese Entwicklung der beiden Männer zeigt sich vor allem im nuancierten Spiel der Hauptdarsteller Tobey Maguire und Jake Gyllenhaal, das durch eine mit "aggressiven" und "beruhigenden" Tönen operierende
Farbdramaturgie verstärkt wird. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den beiden großen Szenen am Familientisch, in denen Jim Sheridan die Konflikte am deutlichsten inszeniert.
Für den Unterricht bietet sich die Frage an, ob oder inwiefern der Kriegsheimkehrerfilm ein typisch amerikanisches Genre ist. So lassen sich deutliche Parallelen zwischen
Brothers und Michael Ciminos Klassiker
Die durch die Hölle gehen (The Deer Hunter, USA 1978) herausarbeiten, etwa die Folterung des US-Soldaten durch feindliche Kämpfer. Dabei können auch Vergleiche mit deutschen Filmen dieses Genres gezogen werden, beispielsweise mit
Nacht vor Augen (Brigitte Maria Bertele, 2008). In den Fächern Politik oder Psychologie regt der Film dazu an - etwa in Hinblick auf die Militäreinsätze in Afghanistan - zu untersuchen, welche Auswirkungen der Krieg auf die Soldaten/innen hat und wie man Kriegsveteranen/innen die Rückkehr in die Normalität erleichtern kann. Dabei kann man erörtern, ob diese Problematik in den politischen Diskussionen bislang ausreichend gewürdigt wurde.
Autor/in: Michael Kohler, 25.01.2011
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