Im Sommer 1988 knüpfen die Ost-Berliner Zwillinge Isa und Doreen am Balaton Kontakt zum "Klassenfeind": Schon auf der Anfahrt zum Pionierlager lernen sie die Hamburger Arne und Nico kennen, die an den Mädels aus der "Zone" schnell Gefallen finden. Der Zaun des Lagers, in dem die Mädchen für ihre Karriere als DDR-Leistungsruderinnen trainieren, erweist sich als überwindbares Hindernis. Auch Trainer Balisch, der sportliche Leistungen und Ausgehverhalten seiner Schützlinge streng überwacht, kann gemeinsame Disconächte nicht verhindern. Während Isa schnell das Interesse verliert, verlieben sich Doreen und Arne. Ihre Beziehung führt zur Zerreißprobe: Eine Republikflucht, die auch die Zwillinge trennen würde, erscheint als einziger Ausweg.
Betont leicht und einfühlsam erzählt Regisseur Robert Thalheim eine innerdeutsche Geschichte aus einer Zeit, als der Fall der Mauer noch in weiter Ferne schien. Im Vordergrund steht zunächst nicht der dramatische Konflikt, sondern die in
freundlichen Farben aufblühende Liebe eines Sommers. Der Bewusstseinswandel kommt langsam: Finden die Zwillinge ihr umzäuntes Ferienlager anfangs noch "urst" gemütlich, verändert der Vergleich mit der privilegierten Hotelunterkunft der motorisierten Westtouristen den Blick. Das Zeltlager im vergleichsweise freien Ungarn wird so zur kleinen DDR, aus der sie schon vor Doreens letztlich gelingender Flucht im Kofferraum immer mutiger symbolisch ausbrechen. Eine wichtige Rolle spielt die
Musik: Im Autoradio der Hamburger Jungen laufen
The Cure und
Depeche Mode, die Gitarrenlieder der ostdeutschen Ferienbegleiter ("Käfer auf'm Blatt") verlieren dagegen ihren Reiz. Der Westen lockt.
Westwind beruht auf wahren Erlebnissen von Doreen Schimk und ihrer Schwester Susann, die als Produzentin und Drehbuchautorin mitwirkte. Im Film wird anhand einer persönlichen Liebesgeschichte die Realität der deutschen Teilung, deren abruptes Ende niemandem bewusst sein konnte, plastisch sichtbar: Fast schon im Vorgriff der historischen Abläufe treffen die "unzertrennlichen" Zwillinge eine dramatische Entscheidung, die ihr Leben verändert. Etwas überspitzt werden im Film auch die Mentalitätsunterschiede und gegenseitigen Vorurteile zwischen "Wessis" und "Ossis" wiedergegeben, die in der Diskussion noch heute nachwirken.
Autor/in: Philipp Bühler, 24.08.2011
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