Eine kalifornische Universität Ende der 1960er-Jahre: Frustriert verlässt der Ex-Student Mark (Mark Frechette) ein revolutionäres Treffen schwarzer und weißer Kommilitonen/innen. Seine unangepasste Art stößt selbst bei den Hippies der Flower-Power-Ära auf Missfallen. Bei gewaltsam unterdrückten Unruhen auf dem Campus wird ein Polizist niedergeschossen. Ob Mark der Schütze ist, bleibt unklar. Mit einem gestohlenen Flugzeug flieht er in die Wüste Death Valley, wo er auf Daria (Daria Halprin) trifft, die Sekretärin und mutmaßliche Geliebte eines skrupellosen Immobilienunternehmers. Sie lieben sich in den Dünen, wie aus dem Nichts gesellen sich weitere Paare dazu. Nach seiner Rückkehr – das Flugzeug hat er in der Zwischenzeit bunt angemalt – wird Mark von der Polizei erschossen. In einem allegorischen Tagtraum Darias fliegt das Wüstendomizil des Baulöwen insgesamt 17 Mal in die Luft.
Der italienische Regisseur Michelangelo Antonioni (1912-2007), dessen Todestag sich am 30. Juli zum zweiten Mal jährt, gehört zu den großen Visionären des Kinos. Seine Filme verweigern sich gängigen Erzählstrukturen und Ideologien. Ihre meditativen, in ihrer rauschhaften
Farbigkeit extrem stilisierten Bilder wirken oft rätselhaft, experimentell und abstrakt. Auch über
Zabriskie Point wurde viel gestritten und leidenschaftlich debattiert. Der Film wirft einen surreal verfremdeten Blick auf die US-amerikanische Konsumkultur und ihre Gegenentwürfe. Zu den hypnotischen
Klängen der Band Pink Floyd rückt die Kamera gigantische Werbetafeln ins Bild, in der fulminant halluzinatorischen Schlusssequenz werden zahlreiche Konsumgegenstände wie Fernseher und Kühlschränke lustvoll zur Explosion gebracht. In der berühmten Orgienszene leben Mark und Daria für einen Moment die Utopie der freien Liebe, wirken dabei aber – auch als Resultat der
elliptischen Erzählweise – merkwürdig isoliert. Wie so viele Filme der amerikanischen Gegenkultur, etwa
Easy Rider (Dennis Hopper, USA 1969), endet auch dieser in einem Akt der Gewalt.
Für die Arbeit im Unterricht bietet
Zabriskie Point eine Fülle an Fragen, aber keine leichten Antworten. Offenkundig sympathisiert Antonioni mit dem revolutionären Geist der Hippie-Bewegung, ihren utopischen Idealen jedoch begegnet der Europäer wie Mark im Film mit Skepsis. Am Standpunkt des Regisseurs können Schüler/innen ihre eigene Sichtweise entwickeln und so Einblicke in die komplizierten Denkweisen der damaligen Protestkultur gewinnen. Auch die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Films – das von Hollywoods Marktstrategen als jugend-affiner Kultfilm geplante "Produkt" fiel bei Kritik und Publikum durch – bietet Anlass zur Diskussion. Im Vordergrund sollte jedoch die ungewöhnliche Filmsprache stehen, mit der Antonioni die Revolutionsästhetik der Blumenkinder auf die Leinwand überträgt.
Autor/in: Philipp Bühler, 29.07.2009
Mehr zum Thema auf kinofenster.de:
Weitere Texte finden Sie mit unserer Suchfunktion.