Von: Rochus Wolff
Verlag: Dreiviertelhaus
Ort/Jahr: 2019
ISBN: 978-3-96242-110-6
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Inhalt: Der Journalist und Filmblogger Rochus Wolff möchte sein Buch "33 beste Kinderfilme" nicht als Kanon verstanden wissen, doch ein wenig ist es das schon: eine Art Kanon – neben vielen anderen. Denn das in die Kritik geratene Konzept des Kanons wurde nicht abgeschafft, sondern diversifiziert. Mittlerweile gibt es nicht mehr
den Kanon, sondern konkurrierende Kanones, Gegenkanones, Kanones der Frauen und vieles mehr. Auch für den Bereich des Kinderfilms gibt es schon mehrere Kompendien mit Klassikern, im Journalismus wie in der Filmbildung. Der englische Guardian veröffentlichte jüngst etwa die
"25 besten Kinderfilme". Für die Filmbildung in Deutschland ist der
Filmkanon der Bundeszentrale für politische Bildung (2003) prägend gewesen; der Bundesverband Jugend und Film (BJF) schlug vor, diesen Kanon um
14 Filmtitel für Kinder zu erweitern. BJF und Goethe-Institut präsentierten zudem 2016 das Projekt
"Cinemanya – Filmkoffer für geflüchtete Kinder und Jugendliche" mit 20 deutschsprachigen Werken für die interkulturelle Filmarbeit .
Wolffs kompakte Auswahl von 33 Filmen umfasst die Werke zahlreicher Länder und zeitlich (fast) die gesamte Filmgeschichte – das älteste Werk ist Lotte Reinigers
Stummfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed von 1923. Frühe Tonfilm-Klassiker (
Emil und die Detektive, 1931) stehen neben modernem
Animationskino (
Alles steht Kopf, 2015), Disney-Märchen (
Dornröschen, 1959) neben DEFA-Produktionen (
Das singende, klingende Bäumchen, 1957), Astrid-Lindgren-
Verfilmungen (
Ronja Räubertochter, 1984) neben den Anime von Hayao Miyazaki (
Mein Nachbar Totoro, 1988). Die meisten neueren Werke wie
Rico, Oskar und die Tieferschatten (2014) oder
Mein Leben als Zucchini (2016) werden auch auf kinofenster.de für die Bildungsarbeit vorgeschlagen. Die Struktur des Buches richtet sich dabei nicht nach Produktionsjahren, sondern nach der Altersempfehlung des Autors (ab fünf Jahre bis ab 12 Jahre). Für Eltern und Lehrenden besonders praktisch ist die Webseite zum Buch
33kinderfil.me, auf der die Verfügbarkeit der Filme geprüft werden kann. Die Berücksichtigung der Verfügbarkeit mag – wie bei vielen Kanones – aber auch eine Barriere für die Diversität der Filmbeispiele gewesen sein. Mit
Das Mädchen Wadjda (Saudi-Arabien/Deutschland 2012) ist nur ein Film aus dem Globalen Süden vertreten, zwei Werke von Miyazaki stehen für das asiatische Kino – alle weiteren Filme stammen aus Europa und Nordamerika. Trotz dieser Einwände bietet die Auswahl einen guten Überblick und durchweg kenntnisreiche Filmempfehlungen.
An den prägnanten, stets mit cineastischer Leidenschaft geschriebenen Artikeln zu jedem Film ist besonders hervorzuheben, dass Wolff gerade bei historischen Werken eine gleichermaßen wertschätzende wie kritische Position einnimmt. Er betont etwa die zeitlose filmische Qualität eines Disney-Klassikers, weist aber zugleich auf Genderklischees, politische Implikationen und überholte Erziehungsmodelle hin, über die mit Kindern nach der Filmsichtung diskutiert werden sollte. Ein sinnvoller Ansatz, um Kinder früh an eine kritische Rezeption der Filmgeschichte heranzuführen. Die reduzierten Illustrationen von Dorothea Blankenhagen, die jeweils prägnante Filmmotive aufgreifen, tragen ebenfalls dazu bei, dass man zur Inspiration immer wieder gerne in diesem Band nachschlagen wird.
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http://33kinderfil.me