Vom Zeichentrick zum Realfilm
Mit
Die Legende von Aang hat Regisseur M. Night Shyamalan die US-amerikanische Fantasy-
Zeichentrickserie Avatar – Der Herr der Elemente als Realfilm adaptiert. In Deutschland startete die von Michael Dante DiMartino und Bryan Konietzko erdachte Serie 2006 auf dem Kinderfernsehsender
Nickelodeon. Stilistisch von japanischen
Animes beeinflusst, besticht die Geschichte um den Luftbändiger Aang durch kindgerechten Humor, klare
Farben, einfache Zeichnungen und viel Kampfkunst-Action.
Ein Fantasy-Abenteuer
Aangs Abenteuer spielen in einer fiktiven, asiatisch geprägten Welt. Dort gibt es vier Nationen, denen je ein Element zugeordnet ist: Luft, Wasser, Erde und Feuer. Für jedes Element gibt es so genannte Bändiger, die es beherrschen. Doch nur einer kann alle vier Elemente zügeln: der Avatar. Er wird regelmäßig wiedergeboren und achtet als Bewahrer der Harmonie darauf, dass keine Nation eine andere unterdrückt. Doch vor hundert Jahren verschwand der Avatar plötzlich. Seitdem wütet in der Welt ein von der Feuernation angefachter Krieg. Die Geschichte von
Die Legende von Aang setzt ein, als die Wasserbändigerin Katara und ihr Bruder Sokka zufällig am Südpol den Jungen Aang aus einer Eiskugel befreien. Er erweist sich als einzig überlebender Luftbändiger und als neuer Avatar. Gemeinsam suchen die drei Freunde nun einen Lehrer, der Aang im Wasserbändigen unterweist. Denn damit er den Krieg beenden kann, muss er auch die anderen Elemente meistern. Auf ihrer Reise werden sie vom Admiral der Feuernation und von Prinz Zuko, dem verstoßenen Sohn des Feuerlords, verfolgt. Er will den Avatar gefangen nehmen und so seine Ehre wieder herstellen.
Casting und andere Probleme
Während die Zeichentrickserie Handlung und Charaktere in drei, jeweils 20 Folgen umfassenden Teilen entwickelt, hat Drehbuchautor und Regisseur Shyamalan die Story des ersten Parts auf kinotaugliche 103 Minuten zusammengerafft. In seiner Verfilmung haben die Figuren – nun in menschlicher Gestalt – jedoch viel von ihrem Humor und paradoxerweise noch mehr von ihrer Lebendigkeit verloren. Denn jetzt erklären sie in stakkatohaften Dialogen die Handlungszusammenhänge und sind zu Stichwortgebern/innen ohne charakterliche Tiefe reduziert. Kritisch ist vor allem das Casting zu bewerten. Tragen in der TV-Serie alle Figuren asiatische Züge, sind im Kinofilm die "guten" Helden/innen durchweg weißhäutig mit westlichen Zügen. Die im Original hellhäutigen Schurken der Feuernation sind dagegen mit Darsteller/innen aus dem Nahen Osten, Indien und dem Mittelmeerraum besetzt. Eine zweifelhafte Umcodierung, die nicht zuletzt auch das Geheimnisvolle der Abenteurer entzaubert.
Faszination Fernost
Der Erfolg von Mangas,
Animes und nicht zuletzt der daran sich anlehnenden Serie
Avatar – Herr der Elemente zeigt, wie spannend fernöstliche Helden/innen für eine junge Zielgruppe sind. Ihre Kampfkünste setzen Naturgesetze außer Kraft, sie kennen geheimnisvolle Lehren und zehren von einer das Gemeinwohl fördernden Spiritualität. Dass sich Serie und Film daran bedienen, signalisieren der Einsatz von Martial-Arts-Elementen sowie der Titel: "Avatar" bedeutet für Hinduisten/innen die Inkarnation eines Gottes in Mensch- oder Tiergestalt, der sie in ihrem Streben zum Göttlichen unterstützt.
Philosophie light
Hatten die Serienmacher bereits asiatische Weisheiten stark vereinfacht – etwa die chinesische Lehre von den fünf Elementen auf westkonforme vier reduziert – , füttert M. Night Shyamalan sein Publikum nun mit esoterisch fragwürdigen Resten. Sechsjährige, für die sein Film freigegeben ist, werden wenig verstehen. Nichts vom Ying- und Yang-Prinzip, das hier als Karpfenpaar in einem spirituellen Teich dümpelt. Noch weniger, warum der Tod eines solchen Karpfens den Mond blutrot färbt und die Kräfte von Wasserkriegern/innen schwinden lässt. Dazu konfrontiert der Film mit kritisch zu bewertenden "Weisheiten": "Liebe fordert Opfer!" lauten etwa die letzten Worte einer Prinzessin – sie geht für den Mond-Geist in den Freitod. Und ein von seiner Truppe isolierter Feuerkrieger darf sich von seinem Mörder anhören: "Dein Fehler ist: Du stehst allein". Für einen US-amerikanischen Blockbuster klingt diese Absage an die Kraft des Einzelnen doch ziemlich ungewöhnlich.
Kampf der Elemente
Zur Beherrschung der Elemente nutzen die Bändiger/innen in
Die Legende von Aang verschiedene Kampftechniken. Mit den spiralförmigen Bewegungen des Bagua Zhang kann Aang Stürme hervorrufen. Für das Wasserbändigen muss er Tai-Chi lernen. Erdbändiger/innen verwenden die Tierstile des Hung Kuen, die Feuerbezwinger kämpfen mit Shaolin Kung Fu. Außer den langsamen Bewegungen des Tai-Chi sind die anderen Stile für Laien jedoch kaum zu identifizieren. Stilmittel wie der Einsatz von
Zeitlupe bei besonders gelungenen Kampfszenen oder die Handlung vorantreibende schnelle
Schnittfolgen fehlen. Es fließt kein Blut, dafür werden Gegner vom Wind fort geblasen oder mit Wassersäulen und Feuerbällen attackiert. Sie sollen in ihre Schranken verwiesen werden, da Aang nicht ihre Vernichtung will. Doch die computergenerierten Effekte überzeugen wenig. Mögen die jungen Darsteller/innen des Helden-Trios auch Schwarzgurte tragen oder zumindest sportliches Talent beweisen, ihr Agieren vor dem Blue Screen wirkt ziemlich verloren und packt selten.
Autor/in: Cristina Moles Kaupp, 21.07.2010
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