Arbeitsblatt
Der Umgang mit Behinderung wird auch im neueren deutschen Film thematisiert. Die Aufgaben richten sich an Schüler/innen mit und ohne Behinderung ab der Grundschule, die inklusiv unterrichtet werden: In Aufgabe 1 lernen die Schüler/innen Methoden der Filmbewertung kennen und stärken zugleich ihre Urteilskraft und Wahrnehmungsfähigkeit. Aufgabe 2 und Aufgabe 3 machen die Funktion von Audiodeskriptionen und Untertiteln bewusst und üben die genaue Beschreibung dessen, was in Filmszenen zu sehen oder zu hören ist, ein. Mit Aufgabe 4 reflektieren (Oberstufen-)Schüler/innen die Darstellung von Menschen mit Behinderung im Film. In die produktive Filmarbeit werden Schüler/innen ab der Grundschule mit Praxisübungen (Aufgabe 5) eingeführt, die zugleich das Selbstbewusstsein stärken sollen.
Aufgabe 1: (Non-)verbale Bewertung eines Films üben
Für heterogene Lerngruppen, Fokus: Hör-, Seh- und geistige Behinderung
Zwei Schüler/innen übernehmen die Moderation der Aktivierungsaufgaben zu einem Film, den die Klasse gesehen hat, beispielsweise aus
Inklusion auf der Leinwand.
- Notiert den Filmtitel an der Tafel. Bittet eure Mitschüler/innen, sich an der Wand gegenüber der Tafel einzufinden. Gebt dann nacheinander folgende Impulse:
- Gehe einen Schritt in Richtung Tafel, wenn du den Film gut fandest.
- Gehe einen weiteren Schritt in Richtung Tafel, wenn du die Figuren sympathisch fandest.
- Gehe einen weiteren Schritt in Richtung Tafel, wenn du die Handlungen der Personen nachvollziehen konntest.
- Gehe einen weiteren Schritt in Richtung Tafel, wenn du die Filmmusik interessant fandest etc.
- Stelle den Mitschüler/innen, die am Ende ganz vorne oder ganz hinten stehen, direkte Fragen über ihre Meinung zum Film, beispielsweise: "Du hast dich bisher nicht/nur wenig nach vorne bewegt – was ist dein Hauptkritikpunkt an dem Film?" oder "Du stehst ganz weit vorne – fasse zusammen, was den Film so besonders gut macht."
- Fasse den Inhalt und die Wirkung des Films im kooperativen Lernen (Think – Pair – Share) zusammen.
- Notiere oder merke dir selbst Stichpunkte, worum es in dem Film ging und was der Film für dich bedeutet. Gehe dann mit einem/r Mitschüler/in zusammen und tausche dich mit ihm/ihr aus. Sprecht in einer kleineren Gruppe oder vor der Klasse über den Inhalt und die Wirkung des Films. Wie und warum unterscheiden sich eure Eindrücke?
Aufgabe 2: Audiodeskriptionen: Filme hören, Filme beschreiben
Für heterogene Lerngruppen, Fokus: Sehbehinderung
- Schaue oder höre dir das Interview mit dem sehbehinderten Johann an, das auf dem Festival DOK Leipzig geführt wurde. Erzähle nach, was Johann in den Audiodeskriptionen beschrieben bekommt und wie er die Audiodeskriptionen bewertet.
- Welchen Film möchtest du einmal als Hörfilm erleben? Beschreibe, warum.
- Überprüfe und ergänze Johanns Aussagen am Beispiel einer Audiodeskription (beispielsweise zu einem Film aus der Hörfilm Datenbank von Hörfilm e.V.). Wie wirkt der Hörfilm auf dich? Fühlst du dich beim Filmhören eingeschränkt oder angeregt durch die Beschreibungen?
- Erstellt selbst in einer Gruppe aus Schülern/innen mit und ohne Sehbehinderung eine Audiodeskription zu einem kurzen Filmausschnitt eurer Wahl. Hört euch den Ausschnitt erst gemeinsam an, danach können die Schüler/innen ohne Sehbehinderung ihn auch anschauen. Entscheidet nun, welche Informationen, die die Bildern liefern, ihr zu den bereits vorhandenen Geräuschen, den Dialogen und der Filmmusik ergänzen wollt (vergleiche auch: Technische Voraussetzungen für die inklusive Filmbildung). Sehbehinderte Schüler/innen fungieren in der Gruppe auch als Berater/innen und erklären, an welchen Filmstellen sie welche Informationen im Hörtext sinnvoll finden.
Aufgabe 3: Beschreibung der Filmmusik durch "Closed Caption" (Untertitel für Filmmusik)
Für heterogene Lerngruppen
Im Spielfilm
Die Blindgänger spielt der Einsatz von
Musik und Geräuschen eine wichtige Rolle.
- Schaue bzw. höre dir den Trailer zum Film auf einem Videoportal an. Beschreibe deinen ersten Eindruck von der Musik und den Geräuschen und welche Stimmung sie vermitteln. Oder (für hörbehinderte Menschen): Beschreibe nach deinem Seheindruck, wovon der Film handelt und welche Stimmung die Bilder vermitteln.
- Schreibe so genau wie möglich auf, welche Musik und Geräusche du im Trailer hörst (beispielsweise Lautstärke, hohe oder tiefe Töne, schnelle oder langsame Musik, Popmusik oder klassische Musik, Art der Maschinengeräusche, Schritte, klopfende Gegenstände). Tausche deine Stichpunkte mit einer/m Mitschüler/in. Spielt den Trailer mit Ton ab und beurteilt gegenseitig, wie genau oder treffend die Musik und Geräusche beschrieben wurden.
- Für hörbehinderte Mitschüler/innen: Schaut den Trailer mit den Stichpunkten zur Musik- und Geräuschebeschreibung einiger Mitschüler/innen an. Ordnet zu, welche Töne zu welcher Filmeinstellung/-szene passen könnten. Ändert sich durch die Tonbeschreibung die Stimmung in den Filmbildern?
Aufgabe 4: Über die Darstellung von Behinderung in Spiel- und Dokumentarfilmen reflektieren
Heterogene Klassen, eher Oberstufe
- Bildet Gruppen und stellt je Gruppe einen Film vor, der Menschen mit Behinderung zeigt oder thematisiert (Filmauswahl aus: Inklusion auf der Leinwand). Geht in eurer Filmdarstellung neben charakterisierenden Screenshots auch auf Elemente der inklusiven Filmproduktion ein (beispielsweise Untertitel, Audiodeskriptionen, Biografien des/r Regisseurs/in, der Hauptdarsteller/in oder des/r Produzents /in, Herausforderungen bei den Dreharbeiten).
- Diskutiert in Kleingruppen aus Schüler/innen, die je einen anderen Film näher untersucht haben, folgende Fragen:
- Wie werden behinderte Menschen dargestellt?
- Welchen gesellschaftlichen Vorurteilen und Möglichkeiten begegnen sie?
- Wie werden die Behinderungen filmsprachlich dargestellt?
- Inwiefern reflektieren die Filme den gesellschaftlichen Umgang mit Behinderung?
- Überlegt gemeinsam: Zu welcher Fragestellung oder zu welchem Plot rund um das Thema Behinderung würdet ihr eine Dokumentation oder einen Spielfilm drehen wollen?
Aufgabe 5: Vor und hinter der Kamera (be-)stehen
Für Lerngruppen mit Menschen mit Behinderung
Niko von Glasows Alles wird gut!
Gold – Du kannst mehr als du denkst
In dem Film
Niko von Glasows Alles wird gut stellen sich ganz unterschiedliche Menschen in einem Casting für ein Theaterstück vor. In dem Dokumentarfilm
Gold – Du kannst mehr als du denkst geben Spitzensportler/innen mit Behinderungen einen Einblick in ihren Alltag. Sich selbst oder etwas persönlich Bedeutsames zu präsentieren, ist nicht immer leicht. Ein paar Übungen können helfen:
- Kameratausch: Bewegt euch frei im Raum. Ein/e Schüler/in hält die Kamera, beobachtet eine/n Mitschüler/in eine kurze Weile mit der laufenden Kamera und gibt dann an diese Person die Kamera weiter. Wenn jede/r gefilmt hat und gefilmt wurde, schaut ihr euch das gefilmte Material an. Was für ein Gefühl ist es, sich selbst im Film zu sehen?
- Stimmungen spielen und raten: Wähle eine Stimmung aus, etwa glücklich, traurig, wütend, entsetzt, überrascht, albern, ernst. Probiere aus, wie dein Gesicht und dein Körper in einer solchen Stimmung aussehen. Suche dir eine/n Partner/in, der/die eine ähnliche Stimmung gewählt hat wie du. Überlegt euch eine Situation, in der diese Stimmung entsteht. Spielt die Situation und lasst euch dabei filmen. Eure Filmzuschauer/innen raten, welche Stimmungen und Situationen ihr gespielt habt.
- Ich präsentiere ...: Wähle einen Gegenstand, der dir wichtig ist. Filme diesen Gegenstand aus unterschiedlichen Perspektiven (von oben, von unten, aus weiter Ferne, ganz detailliert, in einer Kamera-Umfahrt usw.) oder beschreibe den Gegenstand und seine Haptik wie in einem Hörfilm. Präsentiere deinen Hörtext/deinen Film und erkläre, warum dir der Gegenstand wichtig ist.
- Beschreibe die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Casting-Show in Niko von Glasows Alles wird gut oder in Gold – Du kannst mehr als du denkst mit ihren Träumen, Talenten und Befürchtungen. Gibt es eine Person, in die du dich besonders gut hineinversetzen kannst?
Literaturhinweis:
Abraham, Ulf; Kepser, Matthis: Filme beschreiben im Deutschunterricht. Audiodeskriptionen und Untertitel für Hörgeschädigte. In: Oomen-Welke, Ingelore, Staiger, Michael (Hrsg.): Bilder in Medien, Kunst, Literatur, Sprache, Didaktik. Festschrift für Adalbert Wichert, Freiburg, Breisgau 2012.
Autor/in: Dr. Petra Anders ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte und Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin, 20.02.2013
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